"Verzweifelter Held" Jahrestag Verbrennung Palach
15.01.2009, 10:12 UhrEr wurde zu einem Symbol für die damalige Demokratiebewegung in der ehemaligen Tschechoslowakei: Vor vierzig Jahren verbrannte sich der Student Jan Palach auf dem Prager Wenzelsplatz. Mit seiner Tat wollte er seine Landsleute dazu aufrufen, die Niederschlagung des "Prager Frühlings" nicht hinzunehmen. In Tschechien gilt Palach bis heute als "verzweifelter Held", zum 40. Jahrestag seines Selbstopfers erinnern am Freitag eine Vielzahl von Gedenkveranstaltungen an den im Alter von 20 Jahren Verstorbenen.
Die Rolle Palachs als Symbol für Freiheitskampf und Demokratie-Bewegung ist in Tschechien nicht zu übersehen. Nach der Wende von 1989 wurden landesweit dutzende Plätze und Straßen nach ihm benannt, gleich zwei Denkmäler mahnen allein am Wenzelsplatz. Der Dissident Vaclav Havel, der später einmal Präsident werden sollte, war noch im Januar 1989 verhaftet und zu neun Monaten verschärfter Haft verurteilt worden, als er zum 20. Todestag Palachs Blumen für den "Märtyrer" niederlegte.
"Palachs Tod wurde von der Gesellschaft sofort verstanden", meinte Havel später in einem Interview. "Jeder hatte das Bedürfnis, etwas verzweifelt Äußerstes zu tun, wenn alles Übrige so erfolglos blieb." 1969 hatte Palachs Tat in der damaligen Tschechoslowakei Nachahmer gefunden. 2003 erschütterte eine Serie von Selbstverbrennungen Tschechien: erneut protestierten - überwiegend junge - Bürger durch den "Flammentod" gegen das Gesellschaftssystem.
Das Leben für die Freiheit
"In seiner Hilflosigkeit bot er das einzige an, was er hatte - sein Leben" sagte der evangelische Pfarrer Jakub Trojan, an Palachs Beerdigung beteiligt. "Da unser Land davor steht, der Hoffnungslosigkeit zu erliegen", begründete Palach sein Selbstopfer im Abschiedsbrief. Nach drei Tagen im Krankenhaus erlag er am 19. Januar 1969 seinen schweren Verbrennungen, schnell versammelten sich hunderttausende Anhänger des "Prager Frühlings" im Stadtzentrum zu einer Trauerkundgebung vor Augen sowjetischer Soldaten.
Just zum 40. Jahrestag überraschte nun das staatliche "Institut zur Untersuchung totalitärer Regime" (USTR) in Prag mit einem Archivfund: Palach, so die Historiker, habe wenige Tage vor seiner Selbstverbrennung noch in einem Brief Studenten aufgefordert, die Rundfunkzentrale in Prag zu besetzen und dann einen Generalstreik auszurufen. "Das zeigt uns, dass er (Palach) verschiedene Formen des Protests erwägte und dass sein radikales Opfer nicht kurz entschlossen geschah", sagte USTR-Mitarbeiter Petr Blazek.
1969 war Palach zunächst in Prag beerdigt worden. Als das sozialistische Regime beobachten musste, wie täglich mehr Besucher ans Grab kamen, bettete man den Sarg in Palachs Heimatstadt Vsetaty um. Erst 1990 fand Palach wieder in Prag seine letzte Ruhe.
Jakob Lemke, dpa
Quelle: ntv.de