Dossier

Beleidigung als "Verbrechen" Kaczynskis fordern Taten

Nach seinem Zwillingsbruder und Präsidenten Lech Kaczynski fordert auch der am 10. Juli zum neuen polnischen Ministerpräsidenten ernannte Jaroslaw Kaczynski ein Vorgehen der deutschen Bundesregierung gegen die deutsche "tageszeitung" (taz).

"Die Beleidigung eines Staatsoberhauptes ist ein Vergehen und muss Konsequenzen haben", verkündete der national-konservative nun Jaroslaw Kaczynski in der Wochenzeitung "Wprost". Er warnte, dass ansonsten die deutsch-polnischen Beziehungen vorbelastet blieben. Allerdings äußerte Kaczynski nicht, welche Schritte er von der Bundesregierung erwartet.

Die taz hatte am 26. Juni in einer satirischen Glosse den Staatschef der Reihe "Schurken, die die Welt beherrschen wollen" als "Polens neue Kartoffel" bezeichnet und dabei das Verhältnis Kaczynskis ironisch beleuchtet. Die polnische Regierung hatte darauf verstimmt reagiert und den Artikel als "verletzend" zurückgewiesen.

Bereits letzte Woche hatte die Bundesregierung verlauten lassen, dass sie sich nicht zum kritischen taz-Artikel äußern werde. Grundsätzlich kommentiere die Bundesregierung angesichts der Pressefreiheit keine Pressepublikationen, die Vertreter anderer Staaten beträfen. "Das ist der polnischen Regierung bekannt, und wir haben darüber über diplomatische Kanäle gesprochen", sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm vergangenen Mittwoch. Wilhelm unterstrich, dass die Glosse die Auffassung des Autors und "weder dem Inhalt noch der Form nach die der Bundesregierung" wiedergebe. Die Regierung halte das Verhältnis zu Polen für "eng, freundschaftlich und vertrauensvoll". So rasch wie möglich soll das für Anfang Juli aufgrund einer Magen- und Darmerkrankung des polnischen Präsidenten abgesagte Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichsstaatspräsident Jacques Chirac in Weimar nachgeholt werden.

Auch polnische Tageszeitungen äußern Unverständnis für die Forderungen Kaczynskis. Die "Gazeta Wyborcza" kommentierte: "Der polnische Präsident verliert an Glaubwürdigkeit, wenn er Außenpolitik und den Umgang mit seinen Komplexen vermischt." Ebenso Eugeniusz Smolar, Direktor des Zentrums für Internationale Beziehungen in Warschau, kritisierte das Verhalten seines neuen Ministerpräsidenten scharf: "Was Polen von Deutschland verlangt, ist inakzeptabel."

Quelle: ntv.de

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