Dossier

Sarkozy fährt franco-britisch Keil begraben

Die Zugfahrt von Paris nach London dauert mit dem Eurostar nur noch zweieinviertel Stunden - nach Berlin fährt der Zug eine ganze Nacht. Dieses Detail bekommt vor dem Staatsbesuch des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy an diesem Mittwoch und Donnerstag in London besondere Symbolkraft. Denn Frankreich und Großbritannien wollen ihre Bande stärken. Von neuen Atomkraftwerken bis zu mehr Engagement in Afghanistan: Sarkozy reist offenbar mit einem Koffer voller Geschenke auf die Insel. Während sich das Klima zwischen Berlin und Paris abgekühlt hat, scheinen die Zeiten vorbei zu sein, als das französisch-britische Verhältnis vor allem vom Streit um den Irakkrieg geprägt war.

Nachdem Bundeskanzlerin Angela Merkel Sarkozy bei seinen Plänen für eine Mittelmeerunion geschickt ausgebremst hat, steht der britische Premierminister Gordon Brown nun höher in der Gunst des Präsidenten. "Die Beziehungen zwischen Paris und Berlin sind so schlecht wie selten zuvor", zitiert die Zeitung "Daily Telegraph" Katinka Barysch vom "Centre for European Reform".

"Wir wollen eine neue franco-britische Bruderschaft des 21. Jahrhunderts", sagte ein französischer Diplomat der Zeitung "Sunday Times". "Natürlich gibt es Differenzen (...) aber der sogenannte französisch-deutsche Motor (in Europa) ist nicht genug." Britische Diplomaten äußerten sich nicht weniger optimistisch: "Selten haben Großbritannien und Frankreich in so vielen Punkten übereingestimmt."

Sarkozy und Familie freudig erwartet

In weite Ferne gerückt sind die Zeiten, als Sarkozys Vorgänger Jacques Chirac noch über die Briten bemerkte, "man kann Leuten nicht trauen, die so schlecht kochen". Der Irakkrieg trieb endgültig einen Keil zwischen Chirac und Browns Vorgänger Tony Blair.

Die Briten fiebern dem Besuch Sarkozys förmlich entgegen - auch weil dieser in Begleitung seiner schönen Frau Carla bei Königin Elizabeth II. erscheinen wird. Seit Wochen wird debattiert, in welchem Zimmer in Schloss Windsor das Paar unterkommt, was es zu Essen gibt und was Carla zum Dinner mit der Queen tragen wird. Zeitungsleser erfahren, dass nicht nur Carla sondern auch Andre, Sarkozys Mutter, Gast der Königin sein soll, sowie, dass Dudelsackmusiker zur Unterhaltung aufspielen.

Atomkraftwerke und Soldaten aus der Geschenkebox

Doch hinter all dem Pomp und Klatsch geht es um Politisches. So muss Sarkozy bei Brown nicht - wie bei Merkel - fürchten, für seine Atomexporte ins Ausland kritisiert zu werden. Im Gegenteil, beide Länder wollen nach Medienberichten künftig gemeinsam Kraftwerke der neuen Generation entwickeln und exportieren. Angeblich will Sarkozy Premier Gordon Brown auch darüber informieren, 1000 zusätzliche Soldaten nach Afghanistan zu schicken. Eine Geste, die Brown, der wie die USA regelmäßig mehr Engagement anderer Länder am Hindukusch fordert, erfreuen dürfte. Auf dem Plan steht auch eine engere Zusammenarbeit bei der Einwanderung und Sicherheit.

Brown und Sarkozy versuchen mit dem Besuch aber auch, ihr Image aufzupolieren - was beide derzeit nötig haben. Sarkozy ist nach großen Sympathieverlusten und einer Wahlniederlage bei den Kommunalwahlen darauf bedacht, seriöser und staatsmännischer aufzutreten. Und der als eher trocken geltende Brown hofft seinerseits vermutlich, dass etwas vom Glanz des Sarkozy-Paares auf ihn abstrahlt.

Von Annette Reuther, dpa

Quelle: ntv.de

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