USA rigoros Kinderschänder am Pranger
02.03.2007, 11:00 UhrEr habe einen "süßen kleinen Hunde-Welpen zu Hause", erzählte lockend Jesse Timmendequas der sieben Jahre alten Megan Nicole Kanka. Das Mädchen in dem kleinen US-Städtchen Hamilton Township vertraute dem Mann aus der Nachbarschaft - und wurde brutal vergewaltigt. Anschließend versuchte der wegen einschlägiger Delikte mehrfach vorbestrafte Mann das Kind umzubringen, indem er seinen Kopf gegen eine Kommode schlug und ihm schließlich eine Plastiktüte über den Kopf stülpte, um es zu ersticken. Schließlich erwürgte der 33-Jährige das Mädchen mit einem Gürtel.
Der grausame Fall im Sommer 1994 wühlte die Amerikaner auf und hatte gravierende gesetzliche Folgen. Denn seither müssen sich in allen US-Bundesstaaten Sexualstraftäter auch nach Verbüßung ihrer Strafe bei der örtlichen Polizei melden. Sie sorgt dafür, dass in Registern und im Internet jedermann seine Nachbarschaft auf ehemalige Sexualstraftäter kontrollieren kann. Inzwischen ist der Kampf gegen Kinderschänder weiter verschärft worden - und ein Ende der Maßnahmen ist nicht absehbar.
Erhoffte Wirkung bleibt aus
Wie im Kampf gegen die ausufernde Kriminalität oder gegen den Alkoholkonsum Jugendlicher dominiert in den USA auch für Kinderschänder das Prinzip des Rigorismus: Wer Kinder missbraucht, verletzt oder gar tötet, muss mit Jahrzehnte langem Gefängnisaufenthalt, der Todesstrafe oder dem öffentlichen Pranger im Alltag und im Internet rechnen. Aber ebenso wie bei der Bekämpfung von Verbrechen und jugendlichen Alkoholexzessen scheinen die drastischen Maßnahmen bei Sexualstraftätern nicht die erhoffte Wirkung zu haben.
In den USA ist Brutalität gegen Kinder trauriger Alltag: 872.000 Fälle, davon 1.490 mit tödlichem Ausgang, listet die jüngst verfügbare Statistik der US-Gesundheitsbehörden für 2004 auf. Rund zehn Prozent dieser Kinder seien sexuell missbraucht worden. Wissenschaftler schätzten Regierungsberichten zufolge, dass vermutlich jedes fünfte Mädchen und jeder zehnte Junge in den USA irgendwann einmal sexuell missbraucht werden. Allerdings werden hier auch Jugendliche dazu gezählt, deren Sexualkontakte mit Erwachsenen in anderen Staaten der Welt nicht unbedingt strafbar wären.
Mehr als 500.000 Sexualstraftäter registriert
Inzwischen sind nach Angaben des Nationalen Zentrums für vermisste und ausgebeutete Kinder (NCMEC) in Alexandria (Virginia) über eine halbe Million Personen in den USA als Sexualstraftäter registriert. Vielen genügt das allerdings nicht. Abgeordnete im Bundesstaat Ohio haben jetzt einen erneuten Anlauf gemacht, um solche Täter öffentlich noch kenntlicher zu machen. Sie fordern fluoreszierend grüne Kennzeichen für die Fahrzeuge der Verurteilten nach der Haftentlassung. Manche Bundesstaaten verlangen bereits eine besondere Markierung in den Führerscheinen von Sexualstraftätern.
Vielerorts soll das Strafrecht weiter verschärft werden. Schon jetzt sind langjährige Haftstrafen die Regel bei Kindesmissbrauch. Auch junge Lehrerinnen, die Affären mit jugendlichen Schülern hatten, wurden für mehrere Jahre ins Gefängnis geschickt. Ein Gericht in Arizona verurteilte einen Lehrer zu 200 Jahren Haft, weil auf seinem Computer Kinder-Pornografie gefunden worden war. Der Gouverneur von Connecticut, Jodi Rell, will erreichen, dass bei schwerem Kindesmissbrauch eine Mindeststrafe von 25 Jahren verhängt wird. In 23 Bundesstaaten müssen laut "USA Today" Sexualstraftäter auf Bewährung eine elektronische Fessel tragen. In vielen Orten dürfen die Vorbestraften keinen Wohnsitz in unmittelbarer Nähe von Schulen, Kindergärten oder Spielplätzen haben.
In Utah hat das Abgeordnetenhaus im Februar mit großer Mehrheit ein Gesetz verabschiedet, wonach dort als sechstem US-Bundesstaat die Todesstrafe bei Kindesmissbrauch oder Kindesentführung mit Todesfolge obligatorisch ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Tod beabsichtigt war. Initiator des Gesetzes war der Republikaner Paul Ray, der sich über die "zu milde Strafe" von 15 Jahren gegen den Sexualstraftäter Ryan Andrews empört hatte.
Dieser hatte vor einem Gericht in Syracuse zugegeben, seine zehnjährige Tochter schwer misshandelt zu haben. Sie starb der Autopsie zufolge an den Folgen unzähliger Bisse und Prellungen. Der Staatsanwalt konnte nicht nachweisen, dass der Vater und die an den Misshandlungen beteiligte Stiefmutter die Absicht gehabt hatten, das Kind zu töten. Todesurteile seien "Strafe und Abschreckung zugleich", meinte Ray. In Tennessee und Texas gibt es sogar Gesetzesinitiativen, denen zufolge künftig auch schwerer Kindesmissbrauch mit der Todesstrafe geahndet werden soll, selbst wenn das Opfer überlebt.
(Laszlo Trankovits, dpa)
Quelle: ntv.de