Dossier

Neuer Wind aus den USA Klima-Zug tuckert

Trotz einer nächtlichen Marathonsitzung kommt von der Weltklimakonferenz in Posen nur wenig Schwung für den weiteren Klimaschutz. Umweltorganisationen sprechen von Stillstand. Die EU freut sich dagegen über einen Fortschritt. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) sagt nüchtern: "Posen hat die Ergebnisse erreicht, die wir hier erreichen konnten." Er war allerdings schon abgereist, als der Verhandlungsmarathon in der Nacht zu Ende ging und die Vertreter von rund 190 Staaten über die letzten Knackpunkte berieten. Zuletzt einigte sich die Konferenz nicht auf weitere Finanztöpfe für die Entwicklungsländer zur Anpassung an den Klimawandel. "Das ist einer der traurigsten Momente", sagte der Vertreter Indiens.

Der Zug zur entscheidenden Klimakonferenz in Kopenhagen 2009, wo ein neues Klimaabkommen entstehen soll, ist zwar abgefahren. Ob er jedoch noch an Fahrt gewinnt, bleibt offen.

Das Klimapaket der EU, das am 12. Dezember in Brüssel beschlossen wurde, sollte Rückenwind für die Klimakonferenz geben. Immerhin ist die EU die erste Region, die nun feste Ziele zur Senkung der Treibhausgase hat. Das Paket wurde aber durch viele Ausnahmen aus Sicht von Umweltschützern so aufgeweicht, dass es nur noch als Lüftchen in Posen ankam.

EU diesmal ohne Führungsrolle

Die Umweltorganisationen sehen den Klima-Zug seit der Konferenz in Bali vor einem Jahr zwar nicht auf dem Abstellgleis, aber auch nicht auf neuer Fahrt. "Eine Führungsfunktion hat die EU zum ersten Mal nicht ausgeübt", sagt Greenpeace-Klimaexperte Tobias Münchmeyer. "Man hat sich 12 Monate im Kreis gedreht." Die Entwicklungsländer hätten dagegen Verantwortung gezeigt und mit nationalen Klimaschutzplänen erstmals eine Führungsrolle übernommen.

Keine konkreten Beschlüsse, aber dafür mehr Dampf kam aus den USA. "Obama" war einer der meist genannten Namen in Posen. Der Nobelpreisträger und Ex-Vizepräsident Al Gore begeisterte Klimaschützer mit einer flammenden Rede. Ob beide jedoch den Klima-Zug wirklich beschleunigen, wird sich erst in den kommenden Jahren zeigen. Der künftige US-Präsident Barack Obama hatte bereits zuvor ein ehrgeiziges Klimaschutzprogramm verkündet: Er möchte bis 2020 den Treibhausgasausstoß auf den Stand von 1990 zurückfahren. "Das ist ein sehr engagiertes Ziel", meint der WWF-Leiter für europäische Klimaschutzpolitik, Stephan Singer. Von 2008 an gerechnet müssten die USA ihre Emissionen bis 2020 im eigenen Land dann stärker reduzieren als die EU. Denn die EU könne viele Klimaschutzauflagen durch Umweltprojekte in den Entwicklungsländern erfüllen.

Internationaler Klimavertrag mit den USA?

Bis zu einem internationalen Klimavertrag mit den USA ist es in jedem Fall noch ein weiter Weg. Die USA werden nach den Aussagen von Obamas Klimaexperten, Senator John Kerry, einem künftigen Klimavertrag nur beitreten, wenn auch Länder wie China mitmachen. Zudem braucht Obama für einen internationalen Vertrag eine Zweidrittelmehrheit im US-Senat. In der kleineren Kammer des US-Kongresses war damals sein Vorgänger Bill Clinton gescheitert. Dessen Delegation hatte das Klimaprotokoll von Kyoto mit ausgehandelt. Mangels Rückendeckung aus dem Senat wurde es jedoch nicht in Kraft gesetzt. Präsident George W. Bush hatte sich dann völlig abgewandt.

Klimaschützer blicken dennoch ein wenig positiv in die Zukunft, weil Obama am 20. Januar US-Präsident wird: "Wir hoffen, dass wir beim nächsten Arbeitstreffen des UN-Klimasekretariats im März in Bonn eine US-Delegation haben, die zumindest einen neuen Wind reinbringt", sagt Singer.

Simone Humml und Marc-Oliver von Riegen, dpa

Quelle: ntv.de

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