Dossier

Gegen das "Imperium" Lateinamerika macht Front

Genau 35 Jahre nach dem von der CIA unterstützten Putsch gegen den sozialistischen Präsidenten Salvador Allende in Chile scheint sich zwischen Lateinamerika und den USA ein Rückfall in den Kalten Krieg zu vollziehen. Venezuelas Staatschef Hugo Chvez hat sich im Streit mit dem "Imperium" dabei die Unterstützung Moskaus gesichert. Auf dem Luftwaffenstützpunkt Libertador lässt er "zu Übungsflügen" zwei russische Kampfflugzeuge vom Typ Tupolew-160 landen, die größer und schneller sind als die B1, ihr Gegenstück aus den USA.

Die russische Luftwaffe versichert sogleich, die Tu-160-Bomber hätten keine Atomwaffen an Bord, und weckt damit erst recht Assoziationen an das Jahr 1962, als es wegen der Krise um die geplante Stationierung sowjetischer Atomraketen in Kuba fast zu einem Krieg gekommen wäre. Für gemeinsame Militärmanöver ist unterdessen ein vom russischen Kreuzer "Peter der Große" angeführter Kampfverband auf dem Weg in die Karibik.

US-Botschafter ausgewiesen

"Das ist nicht gegen ein drittes Land gerichtet", versichert der russische Botschafter in Caracas, Michail Orlovez, im venezolanischen Rundfunk. Gemeinsame Manöver seien eine "normale Praxis". Es gehe auch nicht darum, gemeinsame Stützpunkte zu errichten. Auch wenn Russland nicht zu den Zeiten des Kalten Krieges zurückkehren will - in der Karibik demonstriert es derzeit militärische Macht, wohl auch aus Verärgerung über den von den USA in Polen in Tschechien geplanten Raketenschild.

Chvez und der linksgerichtete bolivianische Staatschef Evo Morales beschuldigen zugleich die "Yankees", ihren Sturz betreiben zu wollen. Morales, Boliviens erster indianischer Präsident, erklärt den US-Botschafter Philip Goldberg zur unerwünschten Person und weist ihn an, umgehend in seine Heimat zurückzukehren. Er wirft dem früher in Bosnien und dem Kosovo tätigen Diplomaten vor, die von der rechtsgerichteten Opposition kontrollierten wohlhabenden Tieflandregionen in Bolivien in ihrem Kampf für weitgehende Autonomie zu unterstützen, um das Land zu spalten und die demokratisch gewählte Zentralregierung aus dem Weg zu räumen.

Auch Kirchner ist verärgert

Das US-Außenministerium bezichtigt Morales dagegen, mit "unbegründeten Anschuldigungen" die beiderseitigen Beziehungen "schwer beschädigt" zu haben. Wenig später fordern die USA ihrerseits den bolivianischen Botschafter in Washington zum Verlassen des Landes auf. Chvez ordnet seinerseits aus Solidarität mit Morales die Ausweisung des US-Botschafters aus Caracas an.

Unterdessen gehen in den rohstoffreichen und europäisch geprägten Regionen Boliviens die gewalttätigen Proteste gegen Morales' Reformpläne weiter. Im nördlichen Departamento Pando werden acht Menschen getötet. Weiter südlich verwüsten Stoßtrupps der rechtsextremen Jugendunion von Santa Cruz (UJC) staatliche Institutionen und öffentliche Einrichtungen. Die Gruppe war in der Vergangenheit für zahlreiche rassistische Übergriffe auf indianische Bewohner verantwortlich. Ihr werden gute Verbindungen zu Ruben Costas, dem mächtigen Präfekten von Santa Cruz und Gesprächspartner von US-Botschafter Goldberg, nachgesagt.

Auch die argentinische Regierung unter Präsidentin Cristina Kirchner hat sich mit den USA angelegt. Sie ist verärgert über den ihrer Meinung nach politisch motivierten Prozess gegen vier südamerikanische Angeklagte in Miami. Sie werden beschuldigt, als Agenten der venezolanischen Regierung in eine Schmuggelaffäre in Argentinien verwickelt zu sein. Die nicaraguanische Regierung solidarisierte sich unterdessen mit Russland, indem sie die von Georgien abtrünnigen Regionen Abchasien und Südossetien diplomatisch anerkannte.

Quelle: ntv.de, Sylvie Lanteaume, AFP

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