Die Linke auf Erfolgskurs Links ausgeschert
08.08.2007, 08:05 UhrEs war ein Paukenschlag, wie ihn die gemütliche saarländische Landespolitik lange nicht erlebt hatte. Künftig sei sie "die Abgeordnete der Linken" im Landtag, verkündete die bisherige Vize-Chefin und Parlamentarische Geschäftsführerin der Saar-Grünen, Barbara Spaniol, am Montag. Der Parteiwechsel der 43-Jährigen ist der vorläufige Höhepunkt einer Reihe von Übertritten zur saarländischen Linken. Seit Monaten bastelt Oskar Lafontaine, der Chef der Bundespartei und Bundestagsfraktion, an einem vorzeigbaren Personalangebot, mit dem er Die Linke in seiner saarländischen Heimat als seriöse Alternative zur SPD positionieren will - zu jener Partei, für die er das Saarland bereits von 1985 bis 1998 als Ministerpräsident regiert hatte.
Bis zum Landesparteitag im September werde die Mannschaft sichtbar sein, heißt es in der Spitze der Saar-Linken. "Wir formieren uns." Als ausgemacht gilt, dass der ehemalige Ver.di-Landesleiter Rolf Linsler den Landesvorsitz übernehmen soll. Linsler, bis vor einer Woche noch SPD-Mitglied, sei "auf meinen Vorschlag hin ein Kandidat", verkündete Lafontaine am Montag. Zur Mannschaft gehören mit Spaniol und dem früheren Parlamentarischen Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion, Leo Stefan Schmitt, außerdem zwei Politiker mit Parlamentserfahrung. Zum Führungszirkel zählen außerdem Lafontaines Ehefrau Christa Müller als familienpolitische Sprecherin und der Leiter des Saarbrücker Instituts für Organisationsentwicklung und Unternehmenspolitik (Info), Professor Heinz Bierbaum, als wirtschaftspolitischer Sprecher.
18,5 Prozent und besser
Mit der Ex-Grünen Spaniol ist es der Partei nun bereits zwei Jahre vor der nächsten Landtagswahl gelungen, einen Fuß in die Tür zum Landtag zu setzen. 2009 will Lafontaine diese Tür weit aufstoßen - und Ministerpräsident einer Linkskoalition werden. Die Messlatte seien die 18,5 Prozent, die seine Partei im Saarland bei der Bundestagswahl 2005 erreicht hatte, erklärt er. "Wenn heute gewählt würde, würden wir in aller Bescheidenheit dieses Ergebnis erreichen und vielleicht noch etwas besser abschneiden."
Nach Ansicht des Trierer Politikwissenschaftlers Professor Axel Misch hat die Linke mit Lafontaine als Spitzenkandidat im Saarland "ohne weiteres" ein Wählerpotenzial von 20 Prozent, das bis in die Anhängerschaft anderer Parteien hinreiche. Als der "alte Schlachtgaul" (Lafontaine 2003 über sich) Ende vergangenen Jahres seine Kandidatur für das Ministerpräsidenten-Amt bekannt gab, begrüßten laut einer Umfrage auch 40 Prozent der SPD- und 37 Prozent der Grünen-Anhänger diesen Schritt.
Auf Regierungskurs
Punkten will die Linke vor allem mit der Popularität ihres Parteichefs. Die ist trotz seines fluchtartigen Rückzugs aus der Politik 1999 immer noch vorhanden: In seinem Saarbrücker Wahlkreis stimmten bei der Bundestagswahl 2005 ein Viertel der Wähler für ihn - in einigen Wahlbezirken sogar bis zu 45 Prozent. Auch deshalb hat Lafontaine die Landtagswahl 2009 bereits zur "Ministerpräsidenten-Wahl" ausgerufen. Bei seinen Auftritten zählt er Erfolge seiner damaligen SPD-Landesregierung wie die Ansiedlung von Unternehmen und Forschungseinrichtungen auf. "Das wird ihm zugeschrieben", sagt Misch. "Dem ist die SPD relativ hilflos ausgesetzt."
Regieren will Lafontaine nach 2009 mit seinen alten sozialdemokratischen Weggefährten. "Wir haben natürlich die größten Überschneidungen mit der SPD", sagt er. In eine Regierung unter Führung von SPD-Landeschef Heiko Maas möchte er nach eigenem Bekunden aber nicht eintreten. Das wolle er Maas, den er einst zum Staatssekretär im Umweltressort gemacht hatte, "nicht antun". Maas würde so etwas auch kaum mitmachen. Schließlich hatte Lafontaine ihm und der Saar-SPD 2004 mit seiner überraschenden Ankündigung, vielleicht zur Linkspartei zu wechseln, die Landtagswahl gründlich vermasselt.
Von Daniel Kirch, dpa
Quelle: ntv.de