Dossier

Mitte-Links statt Mitte-Rechts Machtwechsel in Slowenien

Nach den Parlamentswahlen in Slowenien steht dem kleinen EU-Land ein Politikwechsel bevor. Während der abgewählte Janez Jansa in seiner bisherigen Mitte-Rechts-Regierung mit eiserner Hand regierte, will der designierte Regierungschef von Mitte-Links, Borut Pahor, den Ausgleich suchen. Ganz im Sinne seines neuen Stils verzichtete der 44-Jährige auf markige Machtansprüche und sprach sich gegen den schnellen Personalaustausch an den Schaltstellen der öffentlich kontrollierten Unternehmen und im öffentlichen Dienst aus. Damit habe er Freund und Feind irritiert und einmal mehr Zweifel an seiner Führungskraft bestätigt, heißt es in den heimischen Medien.

Dem Vorsitzenden der Sozialdemokraten (SD) stehen kniffelige Verhandlungen zur Bildung der neuen Koalition bevor. Seine SD kommt nämlich gemeinsam mit ihren "natürlichen Verbündeten" nur auf 43 Sitze im "Drzavni Zbor" genannten Parlament mit 90 Mandaten. Zwar hat sich die Rentnerpartei DESUS unter Führung von Verteidigungsminister Karel Erjavec mit sieben Abgeordneten als Mehrheitsbeschaffer angeboten. Doch eine Rentenerhöhung als Bedingung hat die Wirtschaftsexperten in Aufregung versetzt. Die ohnehin bis zum Zerreißen angespannten Rentenkassen könnten diese neuen Belastungen nicht ertragen, argumentieren sie. Daneben steht Erjavec im Mittelpunkt einer Affäre um angebliche Schmiergeldzahlungen beim Kauf von Radpanzern in Finnland.

Probleme ernsthaft anpacken

"Ich möchte eine Regierung führen, die endlich die Probleme des Landes anpackt und nicht nur an ihre Wiederwahl denkt", kündigte Pahor inzwischen an. Das gilt vor allem für die Schwierigkeiten in der Wirtschaft. Denn das hohe Wachstum von zuletzt fast sieben Prozent ist Geschichte, nicht jedoch die Inflation von beinahe sechs Prozent. Das ist immerhin der höchste Wert in der Eurozone. Im Mittelpunkt der neuen Regierung stehen nach Aussage ihrer führenden Politiker auch die Reform des Renten- und des Gesundheitssystems.

Der frühere Nationalbankchef Mitja Gaspari soll als Superminister für Wirtschaft diese heißen Eisen anpacken. Doch dieser auch international angesehene Experte sieht sich unverhofft noch einem zusätzlichen Problem gegenüber. Der slowenische Rechnungshof hat in dieser Woche enthüllt, dass das Staatsbudget im letzten Jahr nicht mit dem hochgelobten Überschuss, sondern wegen falscher Buchführung mit einem Minus abgeschlossen hatte. Außerdem habe Slowenien weniger als 25 Prozent der bereitgestellten EU-Gelder abgerufen. "Katastrophal", lautete das Urteil des Rechnungshofes.

Weitere Herausforderungen

Und noch einer Herausforderung dürfte sich die neue Regierung nicht entziehen können: Im Streit um die Grenzziehung und um Territorium mit dem Nachbarn und EU-Kandidaten Kroatien sind die Fronten festgefahren. Die Hoffnung liegt auf dem wortgewaltigen designierten Außenminister Gregor Golobic. Er will vor allem innerhalb der EU für die slowenische Position werben. Ljubljana hatte schon bisher wiederholt gedroht, den EU-Beitritt Kroatiens zu blockieren, sollte sich Zagreb nicht kompromissbereiter zeigen.

Igor Bergant, dpa

Quelle: ntv.de

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