Bundeswehr im Ausland Mahnmal für Soldaten
19.02.2007, 10:44 UhrAuf dem Flughafen Köln-Wahn herrscht bedrückende Stille. Eine Frau läuft zum Bild eines jungen Mannes mit Trauerflor und sagt unter Tränen: "Ich will mein totes Kind zurück". Es ist der 10. Juni 2003. Drei Tage zuvor hat sie ihren Sohn in der afghanischen Hauptstadt Kabul verloren. Der junge Mann war als Bundeswehrsoldat in das Land am Hindukusch gekommen, um Frieden zu stiften. Doch im Juni 2003 ist Afghanistan davon noch weit entfernt. Dies bezahlen er und drei Kameraden mit dem Leben. Beim bis dahin schwersten Anschlag auf deutsche Soldaten im Ausland sterben sie durch eine Autobombe.
Für den damaligen Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) tritt damit jene Situation ein, vor der er sich seit seiner Amtsübernahme gefürchtet hatte: Die Politik schickt Bundeswehrsoldaten ins Ausland, und es kommen Särge zurück. Nun bleibt ihm nichts anderes übrig, als die getöteten Soldaten am Flughafen Köln-Wahn mit militärischen Ehren zu empfangen und ihrer mit einem Trauergottesdienst zu gedenken. Die Särge sind in Deutschland-Fahnen gehüllt, darauf liegen die Helme der toten Soldaten. Direkt nach der Gedenkstunde werden die Särge in die Heimatorte der Anschlagsopfer gebracht. Nach kurzer, heftiger Diskussion über den Einsatz der Bundeswehr im Ausland geraten die Getöteten in der Öffentlichkeit in Vergessenheit.
Doch verdienen junge Soldaten, die vom Deutschen Bundestag in Krisengebiete im Ausland geschickt und die dort getötet werden, nicht ein dauerhaftes Gedenken? Der heutige Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) sagt: Ja. Deshalb will er noch in diesem Jahr ein Ehrenmal für alle getöteten Bundeswehrangehörigen errichten. Seit Aufstellung der Bundeswehr im Jahr 1956 waren dies etwa 2.600. 65 von ihnen starben in Auslandseinsätzen. "Die Toten haben Anspruch auf einen zentralen Ort ehrenden Gedenkens", sagt Jung.
"Die Politik hat nicht den Mut"
Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge bezweifelt, dass die Deutschen schon bereit sind für eine breite öffentliche Debatte über dieses Thema. Die Politik habe noch nicht den Mut, der Bevölkerung die Wahrheit über die Gefahren der Bundeswehreinsätze im Ausland zu sagen. "Dabei müssen wir die Diskussion jetzt führen und nicht erst dann, wenn 50 tote Deutsche auf einmal nach Hause kommen", sagt der Generalsekretär des Volksbundes, Rainer Ruff. Auch der Bundeswehrverband sieht die Deutschen noch nicht darauf vorbereitet, dass Soldaten im Ausland ums Leben kommen können. "Da stehen wir noch ganz am Anfang", sagt Verbandssprecher Wilfried Stolze.
Der Grünen-Politiker Winfried Nachtwei wirbt für eine offene Herangehensweise an das Thema Tod. "Es geht um ein kollektives und öffentliches Erinnern", sagt er. Auch der FDP-Abgeordnete Rainer Stinner findet, eine Diskussion im Bundestag sei angemessen.
Streit um den Ort des Gedenkens
Der Standort für ein solches Ehrenmal ist umstritten. Jung will die Erinnerungsstätte am Sitz des Verteidigungsministeriums im Bendlerblock in Berlin errichten lassen. Für Nachtwei und Stinner ist dies der falsche Ort. "Das Ehrenmal gehört in die unmittelbare Nähe des Reichstages. Mit der Randlage am Bendlerblock wird die Öffentlichkeit nicht erreicht", sagt Nachtwei. Außerdem gebe es an diesem geschichtsträchtigen Ort bereits eine Gedenkstätte für den deutschen Widerstand im Zweiten Weltkrieg. Stinner argumentiert mit der symbolischen Nähe zum Parlament, "um auch die Parlamentarier an ihre Verantwortung zu erinnern". Ähnlich sieht es die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Ulrike Merten (SPD).
Doch der Verteidigungsminister hält an seinen Plänen fest. Eine Findungskommission soll den Plan umsetzen, der Grundstein am Ort des Militärs noch in diesem Jahr gelegt werden.
Quelle: ntv.de