Dossier

Chaos in der französischen Regierung "Massaker der Minister"

Es muss heftig zugegangen sein beim jüngsten Treffen des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy mit dem Küchenkabinett, seinen engsten Vertrauten unter den Ministern. Seine Innenministerin soll Sarkozy hinter ihrem Rücken als "Vollidiotin" bezeichnet haben, berichteten französische Medien. Es sei eine "Woche der Katastrophen" gewesen, die in einem "Massaker der Minister" geendet habe, urteilte die Zeitung "Le Parisien". Zwei groß angekündigte Projekte zur Datenspeicherung und einer Umweltabgabe hatten nach einem öffentlichen Aufschrei eingestampft werden müssen. Nach jüngsten Umfragen findet nicht einmal mehr ein Drittel der Franzosen ihren Präsidenten "vertrauenerweckend".

Innenministerin Michle Alliot-Marie hatte Sarkozy damit verärgert, dass sie eine sogenannte Big-Brother-Kartei durchsetzen wollte. Erst nach heftigen Protesten von Datenschützern verabschiedete die Regierung sich von der Idee, auch sexuelle Vorlieben und Krankheiten der Erfassten zu registrieren.

Peinliche Debatte

Besonders peinlich war anschließend die Debatte um die geplante "Picknick-Steuer", eine Öko-Abgabe auf besonders umweltschädliche Produkte. Während Umweltministers Jean-Louis Borloo die Idee noch in einem Interview in "Le Monde" verteidigte, widersprach ihm bereits Premierminister Franois Fillon öffentlich. Schließlich zitierte Sarkozy alle Betroffenen zu sich und mahnte zu einer besseren Abstimmung bei der Kommunikation nicht beschlossener Projekte.

Die Einführung einer neuen Steuer könnte die französische Regierung sich derzeit politisch kaum leisten. Schließlich hat ihr die Opposition gerade erst vorgerechnet, dass Sarkozy seit seinem Amtsantritt im Schnitt pro Monat eine neue Abgabe eingeführt hat.

In Frankreich kann Sarkozy nicht punkten

Nachdem Sarkozy seine Minister unter großer Anteilnahme der Medien zurückgepfiffen hat, wollte er am Samstag mit seiner Frau Carla nach New York fliegen. Nach einem privaten Wochenende stehen dort die UN-Vollversammlung, ein Mittagessen mit UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und zwei Auszeichnungen an: Die Elie-Wiesel-Stiftung will Sarkozy den "Humanitarian Award" verleihen, eine andere Organisation den "World Statesman Award", den zuletzt Bundeskanzlerin Angela Merkel erhalten hat.

Politischen Erfolg hat Sarkozy derzeit ohnehin eher auf der internationalen Bühne. Im Konflikt zwischen Georgien und Russland schaltete er sich massiv als Vermittler ein. Als die jüngste Bankenkrise ausbrach, wies er mit Genugtuung darauf hin, dass er ja schon seit langem mahne, "die internationalen Finanzmärkte zu moralisieren". Drei Monate bleiben ihm noch als EU-Ratspräsident, um seine, wie "Le Figaro" schreibt, "franko-europäischen Ideen" durchzusetzen. In Frankreich kann er damit allerdings bislang kaum punkten: Zwei Drittel der Franzosen meinen, dass er sich nicht ausreichend um ihre eigentlichen Probleme kümmere.

Quelle: ntv.de, Ulrike Koltermann, dpa

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