Dossier

Mehr als nur Danke sagen Merkel will USA bei der Ehre packen

Angela Merkel wird als erste Bundeskanzlerin vor dem US-Kongress sprechen. Da wird sie nicht nur an die Verdienste Amerikas beim Fall der Mauer vor 20 Jahren erinnern.

Angela Merkel wird bei Barack Obama auf die Kraft der Symbole setzen.

Angela Merkel wird bei Barack Obama auf die Kraft der Symbole setzen.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Diese Ehre ist so noch keinem Bundeskanzler zuteil geworden. Am 3. November wird Angela Merkel als erster deutscher Regierungschef in einer gemeinsamen Sitzung beider Häuser des US-Kongresses sprechen. 20 Jahre nach dem Mauerfall will sich Merkel für den Beitrag der USA zur Überwindung der deutschen Teilung bedanken. Beim Thema Klimawandel beginnt dann die Gratwanderung: Allzu forsche Forderungen nach mehr Engagement könnten Sturköpfe im US-Senat und im Repräsentantenhaus nur in ihrer skeptischen Haltung bestärken.

Angela Merkel hat einiges von Helmut Kohl gelernt. Wie ihr Amtsvorgänger setzt sie gezielt auf die Kraft der Symbole. Nach ihrer Wiederwahl im Bundestag besuchte sie noch am 28. Oktober zuerst Paris. In den beiden darauffolgenden Tagen stand - mehr oder weniger zufällig, aber für Merkel durchaus willkommen - der EU-Gipfel in Brüssel an.

Anfrage lag schon lange vor

Nun geht es am 2. November auf der ersten größeren Reise der neuen Amtszeit nach Washington, wenn auch nur für knapp 48 Stunden. Erst die Visite beim wichtigsten europäischen Nachbarn, dann die Zusammenkunft mit den anderen EU-Partnern und zum Abschluss des Dreiklangs die Reise zum transatlantischen Haupt-Verbündeten: Wo die Prioritäten ihrer Außenpolitik liegen, macht Merkel damit schon eine Woche nach Amtsantritt klar.

Die etwa 25 Minuten lange Rede vor dem US-Kongress hat die Kanzlerin sich dabei bewusst aufgehoben. Sie hätte die Ansprache wohl auch viel früher halten können, vielleicht sogar noch vor dem Wahlkampf im vergangenen Sommer. Die Einladung der Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, lag jedenfalls schon länger vor, war am Wochenende in Berlin zu hören.

Als Auftakt für die Feierlichkeiten nutzen

Merkel hätte die Ansprache im Kapitol schon im Sommer 2008 halten können.

Merkel hätte die Ansprache im Kapitol schon im Sommer 2008 halten können.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Merkel wollte den Auftritt in der amerikanischen Hauptstadt aber offenbar praktisch als Einleitung zu den offiziellen Feiern zum 20. Jahrestag des Mauerfalls nutzen. Der kurze Plausch mit US-Präsident Barack Obama ist da fast schon ein Nebentermin. Am 9. November werden in Berlin zwar jede Menge Staats- und Regierungschefs erwartet. Aber kein Land - auch nicht Frankreich oder Großbritannien - hat die deutsche Einheit so unterstützt wie die USA. Für diese "Begeisterung" und "Zuneigung" werde sie vor dem US-Kongress schlicht Danke sagen, kündigte Merkel in ihrer Internet-Ansprache an.

Dabei wird sich auch ein Kreis zu Konrad Adenauer schließen. Der war im Mai 1957 in Washington gewesen und hatte ebenfalls vor beiden Häusern des US-Kongresses - Senat und Repräsentantenhaus - geredet - nur nacheinander. Damals hatte Adenauer für die junge Bundesrepublik geworben, aber auch für die deutsche Einheit. "Der dritte Leitgedanke unserer Politik ist die Einheit", hatte der Alte aus Rhöndorf damals gesagt.

"Sie wissen, wie schwer und drückend es auf uns lastet, dass viele Millionen Deutsche gegen alles Recht und alle Moral getrennt von uns unter kommunistischem Terror leben müssen", fügte Adenauer vor dem Senat hinzu. Am 3. November gegen 16.30 Uhr deutscher Zeit wird im Kuppelbau des Kapitols nun ausgerechnet eine in Ostdeutschland Aufgewachsene den Amerikanern ihre Reverenz erweisen.

Keine eindringlichen Mahnungen

Merkel wird sich aber nicht nur verbeugen. Das hat sie auch in Israel nicht getan, als sie im Mai 2008 in Jerusalem als erste Kanzlerin vor der Knesset sprach, dem israelischen Parlament. Damals forderte sie die Israelis neben dem Bekenntnis zur Verteidigung des Staates der Juden auch zu "schmerzlichen Zugeständnissen" im Nahost-Konflikt auf. Ähnlich wird auch die Botschaft an die Amerikaner sein - nur auf die Verhandlungen über ein neues Weltklima-Abkommen gemünzt.

Denn immer noch hängt das von US-Präsident Obama forcierte Klimaschutzgesetz im US-Kongress fest. Das Gesetzeswerk ist aus Sicht der Europäer zwar immer noch nicht ambitioniert genug. Seine Verabschiedung wäre aber vor dem Kopenhagener Weltklimagipfel im Dezember ein Signal vor allem für andere Umweltverschmutzer-Staaten wie China und Indien. Denn die warten darauf, was die USA machen, ehe sie sich selbst bewegen.

Auf eindringliche Mahnungen wird Merkel auf dem Kapitol aber verzichten, um nicht den Klima-Hardlinern eine Vorlage für die Ausrede zu geben, sie müssten die USA vor ausländischem Druck bewahren. Vermutlich wird Merkel aber versuchen, die USA bei der Ehre zu packen - nach dem Motto: Als die Menschen in Osteuropa auf die Straßen gingen, habt ihr die Zeichen der Zeit erkannt. Diesmal solltet ihr es auch tun - und die Welt vor dem Klimakollaps bewahren.

Quelle: ntv.de, Ulrich Scharlack, dpa

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