Volle Kraft für 2010 Mit Schulreform zum Sieg
13.01.2008, 09:43 UhrDie Vorschusslorbeeren für Hannelore Kraft waren groß. Als die Chefin der Landtagsfraktion mit fast 97 Prozent 2006 auch zur neuen Landesvorsitzenden der SPD in Nordrhein-Westfalen gewählt wurde, jubelte selbst der sonst so nüchterne Franz Müntefering: "Heute ist der 22. Mai 2005 endlich vorbei." An jenem für den größten SPD-Landesverband so traumatischen Tag hatten die Sozialdemokraten nach fast 40 Jahren die Macht in Nordrhein-Westfalen verloren. Unter dem Motto "Klare Kante" will die 46-Jährige ihre Partei bei der Landtagswahl 2010 zurück an die Regierung führen.
Bis dahin ist es aber ein steiniger Weg. Die Aufräumarbeiten in der Partei dauern an, in den Meinungsumfragen liegt die SPD weiter unter den 37,1 Prozent, mit denen sie 2005 abgewählt worden war. Zwischen 29 und 36 Prozent pendeln die von den Demoskopen ermittelten Werte. Mit neun Prozent fiel der Mitgliederschwund bei den Sozialdemokraten im vergangenen Jahr deutlich höher aus als bei der Konkurrenz.
Schlechte Ergebnisse nicht überraschend
Auch für Kraft sind die Zahlen nicht besser. Bei einer Direktwahl des Regierungschefs hätte sie den Umfragen zufolge gegen Amtsinhaber Jürgen Rüttgers (CDU) derzeit keine Chance. Selbst bei SPD-Wählern könne der Ministerpräsident mit mehr Zustimmung rechnen als Kraft, ermittelte das Meinungsforschungsinstitut Forsa.
Für den Politikwissenschaftler Prof. Karl-Rudolf Korte kommen die schlechten Werte für Kraft nicht überraschend. "Es gibt im Moment kein schwierigeres Amt als das der Oppositionsführerin in Düsseldorf", sagte Korte. Kraft sei noch damit beschäftigt, die Partei zusammenzuhalten. Zudem müsse sie eine "kurios zusammengesetzte Fraktion" führen. Ein Teil der SPD-Abgeordneten habe seine politische Karriere hinter sich, viele andere seien eher unerwartet über die Landesliste ins Parlament gerutscht.
Durchaus interne Erfolge zu verbuchen
In ihrer Partei hat die Mülheimerin, die in der ehemaligen rot-grünen Landesregierung Europa- und später Wissenschaftsministerin war, deutlich an Statur gewonnen. Mit ihrem einstigen Kabinettschef, Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD), legte sie sich beim Thema Unternehmenssteuerreform an. Keine Berührungsängste hat sie zur Konkurrenz Die Linke, mit deren Landesvorsitzenden sie öffentlich kontrovers diskutierte. Geschadet hat ihr dies in der SPD nicht. Auf dem Parteitag in Hamburg wurde sie mit dem drittbesten Ergebnis in den Bundesvorstand gewählt.
Dass die SPD die "Agenda 2010" korrigiert, sehen die NRW-Genossen ebenso als Erfolg ihrer Vorsitzenden, wie die für 2012 vereinbarte Überprüfung des Ausstiegs aus den Steinkohle-Subventionen durch den Bundestag. Die Gewerkschaften hat Kraft mit ihrem Kurs bereits wieder fest an die Seite der SPD geholt.
Gemeinschaftsschule als Wahlkampfthema
Wichtigstes landespolitisches Vorhaben der SPD ist eine Schulreform. Bei einem Wahlsieg will die SPD eine Gemeinschaftsschule verpflichtend einführen, in der alle Kinder mindestens bis zur sechsten Klasse gemeinsam lernen sollen. Politikforscher Korte hat aber Zweifel, dass dies ein "Gewinnerthema" für die Landtagswahl ist. "Das mobilisiert das gegnerische Lager".
Mit Spannung blickt Kraft auf den Ausgang der Landtagswahlen in Hessen, wo die SPD und ihre Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti ihren Rückstand in den Umfragen auf die CDU und Ministerpräsident Roland Koch (CDU) zuletzt deutlich verringert haben. Für Kraft ist das keine Überraschung.
Von Claus Haffert, dpa
Quelle: ntv.de