Dossier

Folter, Verstümmelung, Mord Mugabes Wahlkampf

Eine Woche vor der geplanten Stichwahl zwischen Präsident Robert Mugabe und MDC-Chef Morgan Tsvangirai in Simbabwe steht die Wahl auf der Kippe. Mugabes Herausforderer denkt angesichts wochenlanger Schikanen über einen Rückzug nach - auch auf die Gefahr hin, dass sich Mugabe dann legal zum Wahlsieger ernennen könnte. Doch Tsvangirais siegessichere Berater wollen trotz aller Einschüchterungen die Wahl hinter sich bringen. Eine Wahl, die ein politischer Beobachter als chaotisch bezeichnet, als etwas, "das nur aus sehr großer Distanz betrachtet irgendwie einer Wahl ähneln wird."

Die Mehrzahl der Beobachter ist sich einig, dass der Wahlkampf weder frei noch fair ist. "Das Land wird von Armeegenerälen und der Polizei regiert", sagt die südafrikanische Oppositionspolitikerin Patricia De Lille. Sie ist überzeugt: "Der Wahlausgang ist kaum das Problem. Es ist der Übergang von einer Regierung zur nächsten, der die größte Herausforderung darstellt - Mugabe wird sich weigern, die Macht abzugeben."

Brutalität und Anarchie

Die von der Regierung gebilligte Gewalt gegen die Opposition droht nach Ansicht von US-Botschafter James McGee völlig außer Kontrolle zu geraten. Ihr sind bisher mehr als 70 Menschen zum Opfer gefallen. Augenzeugen berichten von Opfern, denen die Hände abgehackt, die in Brand gesteckt, vergewaltigt, geschlagen oder ermordet wurden. McGee wie auch Hilfsorganisationen warnen vor einem neuen Exodus wegen Terror, Hunger und Verzweiflung.

Tsvangirais Wahlkampf verkam durch Schikanen, Verbote und Terror zu einer Farce. "Meine Partei wird wie eine verbotene Organisation und ich wie ein Schwerverbrecher behandelt", klagte der MDC-Chef. Als unwahrscheinlich gilt indes, dass ein durch brutale Einschüchterung erzwungener Wahlsieg des seit knapp drei Jahrzehnten regierenden Mugabe (84) international eine Chance auf Anerkennung hat.

Nur über Mugabes Leiche

Selbst der Präsident des mächtigen Nachbarstaats Südafrika und Simbabwe-Dauervermittler Thabo Mbeki musste das einsehen. Obwohl er noch Anfang Mai in London optimistisch vor der Weltpresse die Situation "kontrollierbar" nannte, hat er nun mit Tsvangirai und Mugabe über eine Koalitionsregierung verhandelt. Sie würde die für den 27. Juni angesetzte Stichwahl überflüssig machen. Doch Mugabe lehnt das ab. Trotzig drohte er für den Fall einer Niederlage mit "Krieg" und verkündete, dass die MDC zu seinen Lebzeiten nie das Land regieren werde.

Seine Frau Grace sekundierte Ende Mai: "Selbst wenn die Leute für den MDC stimmen werden, wird Tsvangirai nie seinen Fuß ins präsidiale Staatshaus setzen." Dabei ist Mugabe rechtlich gesehen nur noch Präsident auf Abruf. Er wie auch seine ZANU(PF)-Partei haben die umstrittene Wahl vom 29. März verloren. Nur weil Tsvangirai nach der offiziellen Auszählung knapp die absolute Mehrheit verfehlte, wurde eine Stichwahl notwendig.

Im Parlament hat Mugabes Partei erstmals seit der Unabhängigkeit vor 28 Jahren ihre Mehrheit an die MDC abtreten müssen. Das neue Parlament ist bislang nicht zusammengetreten, das alte wurde vor der Wahl am 29. März aufgelöst. US-Botschafter McGee: "Wir haben nun die Situation einer Regierung, die von sich behauptet durch "Minister" vertreten zu werden, die kein Parlament ernannt hat."

Ralf E. Krüger, dpa

Quelle: ntv.de

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