Dossier

Veteran gegen Greenhorn Neuseeland wählt Parlament

Im Schatten des spannenden Obama-McCain-Wahlkampfs in den USA ist das Rennen um das höchste Regierungsamt in Neuseeland fast eine Gähn-Nummer: Kein begnadeter Redner ist am Werk, keine schillernde Jungpolitikerin, die das Establishment aufmischt. Bei den Wahlen am 8. November stehen sich Premierministerin Helen Clark und Oppositionsführer John Key gegenüber, und beide haben ihre gut drei Millionen wahlberechtigten Landsleute bislang nicht gerade in Begeisterungsstürme versetzt.

Clark liegt mir ihrer Labour-Minderheitsregierung in den Umfragen zurück. Die Finanzkrise hat im Land der Häuserbesitzer durch sinkende Immobilienwerte so manchen Hypothekenbesitzer in Schwierigkeiten gebracht, Wirtschaft und Staatsfinanzen sehen nicht rosig aus. Die Regierung musste im Oktober das erste Haushaltsdefizit seit 1994 verkünden, mit der Prognose, dass dies in vier Jahren auf 3,2 Milliarden Neuseeland-Dollar (1,5 Mrd Euro) explodiert. Doch die konservative Nationale Partei ist nach den Umfragen auch nicht direkt auf der Siegerstraße. In dem nach deutschem Muster ausgerichteten Wahlsystem deutet alles auf eine Koalitionsregierung hin, in der kleinere Parteien das Zünglein an der Waage spielen.

Politik ist Clarks Leben

Premierministerin Clark gilt als "zähester Mann im Kabinett". "Sie ist nicht gerade ein Typ zum Knuddeln, und sie küsst keine Babys", schrieb ein Kolumnist in der Zeitung "Sunday Star Times". Die Sozialistin sitzt seit 1981 im Parlament und hat wie niemand vor ihr drei Wahlsiege in Folge eingefahren. Sie hat ihr Privatleben der politischen Karriere nach eigenen Angaben immer untergeordnet. Sie erzählte Reportern selbst, dass sie 1981 nur unter dem Druck der Partei ihren Lebenspartner heiratete. Sie selbst habe nicht viel von der Institution Ehe gehalten. Sie hat keine Kinder.

Familienvater Key jettete dagegen in frühen Jahren um die Welt, arbeitete unter anderem in Singapur und London und machte als Währungshändler Millionen. Er ist der reichste Abgeordnete im 120-Sitze-Parlament. Politisch ist er verglichen mit Clark noch ein Greenhorn. Er ging erst 2002 in die Politik und führt die Nationale Partei erst seit zwei Jahren an. Allerdings wuchs er nicht mit einem goldenen Löffel im Mund auf. Sein Vater starb früh, und die Mutter zog die Kinder mit staatlicher Unterstützung alleine groß. "Ich war selbst mal bedürftig, das werde ich nie vergessen", sagt er.

Partei der Ureinwohner ist Zünglein an der Waage

Die Nationale Partei lag in jüngsten Umfragen bei 47 Prozent, Labour bei 35. Ein möglicher Koalitionspartner für Clark sind die Grünen, die nach den Umfragen acht Prozent erreichen könnten. Die Konservativen könnten auf die libertäre ACT-Partei und die rechte Vereinte Zukunftspartei zählen, doch eine Mehrheit kommt damit auch noch nicht zustande. Dann käme die Partei der Ureinwohner, der Maoris, zum Zuge, die wahrscheinlich sieben Sitze gewinnen wird. Die Partei hat sich noch nicht geäußert, ob sie eine Konservative oder eine Labour-Regierung stützen würde.

Christiane Oelrich, dpa

Quelle: ntv.de

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