Dossier

Nach dem Koalitionsbruch in Kiel Nord-SPD will durchstarten

Die SPD ist hochmotiviert, um Stimmen in Schleswig-Holstein zu kämpfen. Grund dafür ist Ministerpräsident Carstensen. Viele SPD-Politiker sind empört und wütend über seine ruppige Auflösung des Kieler Landtages.

Der SPD-Bundesvorsitzende Franz Müntefering (l) und Schleswig-Holstein SPD-Landesvorsitzender Ralf Stegner (r) machen Wahlkampf im Norden.

Der SPD-Bundesvorsitzende Franz Müntefering (l) und Schleswig-Holstein SPD-Landesvorsitzender Ralf Stegner (r) machen Wahlkampf im Norden.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Parteitagsreden von "Münte" und Stegner in Lübeck statt Beach-Party in Travemünde - mitten in den Sommerferien ist die schleswig-holsteinische SPD von unbeschwerter Urlaubsstimmung weit weg. Nach der Chaos-Woche von Kiel mit dem Bruch der großen Koalition, der Entlassung der SPD-Minister durch Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) und der vorzeitigen Beendigung der Wahlperiode nehmen die Sozialdemokraten mit Fraktions- und Landeschef Ralf Stegner an diesem Wochenende Kurs auf die vorgezogene Wahl des Landtages am 27. September. Parteichef Franz Müntefering kommt zu dem Parteitag in Lübeck, um den Genossen Mut für den Wahlkampf im Schatten des Bundestagswahlkampfes zu machen.

Dass die SPD hoch im Norden in die prekäre Lage geriet, immer weiter ins Umfragetief rutschte und schließlich nach vielen mit Stegners Namen verbundenen Krisen von Carstensen aus der Regierung gejagt wurde, hat viele Sozialdemokraten frustriert. Aber trotz allen Murrens über ihren Vormann, gerade auch in der Landtagsfraktion, wird für Stegner in Lübeck mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder alles glattgehen. Bei seiner Nominierung zum Carstensen-Herausforderer im September vorigen Jahres übertraf er die 90-Prozent-Marke, bei der offiziellen Wahl am Abend des 31. Julis dürfte er das wieder schaffen. Die echte Nagelprobe für Stegner kommt erst zur Landtagswahl mit dem Duell gegen die CDU und den ebenfalls angeschlagenen Carstensen.

Schwarz-Rot als Schreckensvision

Auch nach der Auflösung des Kieler Landtages will der CDU-Politiker Peter Harry Carstensen als Ministerpräsident am Rudern bleiben.

Auch nach der Auflösung des Kieler Landtages will der CDU-Politiker Peter Harry Carstensen als Ministerpräsident am Rudern bleiben.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Wären Umfragezahlen Wahlergebnisse, sähe es für die SPD zappenduster aus. Sie hat keine Chance, stärkste Kraft zu werden, allenfalls eine Juniorpartnerschaft in einer neuen großen Koalition käme infrage. Eine Neuauflage von Schwarz-Rot als Notgemeinschaft sähen die allermeisten im Norden als Schreckensvision; und sie wäre wohl nur ohne Stegner und auch ohne Carstensen vorstellbar.

Wenn zutrifft, was SPD-Funktionäre sagen, ist die Stimmung in der Landespartei besser, als es das Koalitionsdesaster erwarten ließe. "Schuld" an hoher Motivation im SPD-Lager sei Carstensen - wegen dessen als eiskalt und ruppig empfundenen Stils beim Herbeiführen des Koalitionsbruchs. "Es gibt Wut und Empörung über das Vorgehen des Ministerpräsidenten", sagt SPD-Landesgeschäftsführer Christian Kröning. Eine besondere Rolle spiele dabei auch, dass Carstensen die umstrittene 2,9-Millionen-Euro-Sonderzahlung an HSH-Nordbank-Chef Dirk Jens Nonnenmacher erst mitgetragen und sie dann, nachdem die öffentliche Empörung hochkochte, als moralisch nicht haltbar dargestellt habe.

'Jetzt-erst-recht-Stimmung' bei der SPD

Die SPD schaue nun nach vorne, sagt Kröning. "Wir haben absolut eine 'Jetzt-erst-recht-Stimmung'." Andere Sozialdemokraten beschreiben die Stimmung hinter vorgehaltener Hand differenzierter.

Spannend könnte auf dem Lübecker Parteitag die Aufstellung der Landesliste werden. Nach den letzten Umfragen wäre es möglich, dass die SPD diesmal nur drei Wahlkreise - in Kiel und in Lübeck - gewinnt. 2005 waren es 15. Diesmal wird die Liste voraussichtlich also stärker zum Tragen kommen als bei früheren Wahlen. Etwa die ersten 20 Plätze könnten für den Einzug in den Landtag reichen.

Alles hängt auch davon ab, wie groß das neue Parlament sein wird. Wenn die CDU mehr Wahlkreis-Kandidaten in den Landtag bekommt, als es ihrem Anteil an den Zweitstimmen entspricht, würden die anderen Parteien so viele Ausgleichsmandate erhalten, dass im Parlament das Zweitstimmen-Ergebnis wiederhergestellt ist. 69 Sitze sind die Regelgröße, rund 90 könnten daraus nach der Wahl werden.

Quelle: ntv.de, Wolfgang Schmidt, dpa

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