Dossier

Nur mit Ach und Krach Obamas erster Triumph

Alles wartete auf Sherrod Brown. Fünf zähe Stunden lang zeigte der Parlamentssender C-Span am Freitagabend den leeren US-Senat, und das Land harrte der Ankunft des Senators aus Ohio. Das Weiße Haus hatte eigens eine Regierungsmaschine geschickt, um den Demokraten vom Sterbebett der Mutter in seinem Heimatstaat nach Washington zum Votum über das Milliarden-Konjunkturpaket zu holen. Ohne seine Stimme wäre alles gescheitert. Um 22.45 Uhr schließlich taucht Brown auf dem königsblauen Teppich des Senats auf, sagt ohne Lächeln "Aye" - und der erste große Sieg der jungen Regierung von Präsident Barack Obama ist unter Dach und Fach. Doch es ist ein Triumph mit Ach und Krach, erkämpft gegen granitharten Widerstand der Republikaner. Die "Washington Post" sah am Samstag bereits "den Beginn einer neuen ideologischen Ära".

Der Marathon-Tag im Kongress hatte einiges an Theatralik und Drama zu bieten, und er verheißt nichts Gutes mit Blick auf die Realität des Regierens für Obama. Kein einziger Konservativer hatte sich am Freitag im Abgeordnetenhaus für die größte Konjunkturspritze im der Geschichte des Landes erwärmt. Demonstrativ ließ der republikanische Fraktionschef John Boehner das 1073 Seiten dicke Gesetzeswerk schwer auf den Boden plumpsen - um zu unterstreichen, dass es "übergewichtig auf der Ausgabenseite" sei. Im Senat schlugen sich gerade drei moderate Oppositionelle auf die Seite von Obamas Demokraten und machten so eine Billigung überhaupt erst möglich. Sogar der republikanische Senator Judd Gregg - 24 Stunden zuvor noch Obamas Kandidat für den Chefposten im Handelsministerium, dann überlegte er es sich urplötzlich anders - stimmte mit "No".

Keine dauerhafte Aussöhnung

"Obama erkennt: Parteiübergreifende Politik ist nicht so leicht", titelte die "New York Times" am Tag danach. "Was auch immer es für die Wirtschaft bringt - das am Freitag gebilligte Gesetz trägt eindeutig nichts zu einer langfristigen, dauerhaften Aussöhnung der Parteien bei." Obamas Spitzenberater David Axelrod räumt ein: "Wir haben einige Lektionen aus der Sache gelernt." Nicht wenige in Washington sehen derweil schon erbitterte Kämpfe am Horizont, wenn es um ideologisch schwer befrachtete Reformen beim Gesundheitswesen oder der Energiepolitik geht, die Obama versprochen hat.

Dabei steht der größte Test für die Mammut-Finanzspritze noch aus. Der Präsident selbst will ihren Erfolg daran messen, ob sie die erwarteten 3,5 Millionen Jobs über die nächsten zwei Jahre schafft oder erhält. Fachleute halten mit ihrer Skepsis nicht hinterm Berg. Bei einer Umfrage des "Wall Street Journal" zeigten sich Ökonomen größtenteils enttäuscht. Die Kommentare der Experten reichten von "zu spät", über "zu klein", "zu groß", "trivial" bis hin zu " kolossale Geldverschwendung". Immerhin: Gäbe es das Programm nicht, würden die befragten Fachleute mit einem deutlich höheren Verlust von Jobs rechnen. Dennoch erwarten sie einen kräftigen Anstieg der Arbeitslosenquote von derzeit 7,6 auf 8,8 Prozent bis Dezember.

Mit der Verabschiedung des Konjunkturpakets hat Obama indes seine Botschaft der Hoffnung wiederentdeckt, nachdem er der "New York Times" wegen seiner finsteren Beschreibungen der Wirtschaftslage in den vergangenen Wochen schon als "autoritär und ohne Lächeln, düster statt inspirierend" aufgefallen war. Von einem "Meilenstein auf dem Weg zur wirtschaftlichen Erholung" sprach der Präsident am Samstag. Und es klang fast wie in seinem umjubelten Wahlkampf, als er hinzufügt: "Amerika, wir sind dieser Aufgabe gewachsen."

Quelle: ntv.de, Frank Brandmaier, dpa

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