Gesichter der Geschichte Personen des "Prager Frühlings"
17.08.2008, 14:06 UhrMit dem "Prager Frühling" verbinden sich auch die Namen seiner Protagonisten. Alexander Dubcek, der den "Sozialismus mit menschlichem Antlitz" forderte. Leonid Breschnew, der die Sowjetpanzer auf den Wenzelsplatz schickte. Jan Palach, der sich aus Protest selbst verbrannte. Ludvik Vaculik, der im "Manifest der 2000 Worte" die Kurzanleitung für Reformen formulierte. Noch junge Dichter und Intellektuelle wie Vaclav Havel, Pavel Kohout und Milan Kundera. Was geschah mit ihnen?
Dubcek traf es, so wie die meisten der Reformer, hart. 1970 wurde er aus der Kommunistischen Partei ausgeschlossen und damit öffentlich geächtet. Zunächst verdingte er sich als Waldarbeiter. Erst im Zuge der "Samtenen Revolution" nach 1989 erlebte er ein spätes politisches Comeback und wurde noch einmal Parlamentspräsident der freien Tschechoslowakei. Über seinen tödlichen Autounfall am 1. September 1992 wird bis heute gerätselt, ein häufig vermutetes KGB-Attentat konnte aber nie bewiesen werden.
Souveränität nur auf dem Papier
Der sowjetische Generalsekretär Breschnew hatte hingegen seine Macht gestärkt, die osteuropäischen Satelliten-Staaten wussten nach 1968, dass ihre Souveränität nur auf dem Papier bestand. Die sogenannte "Breschnew-Doktrin" überlebte bis zur Perestroika. Der vielfach dekorierte Breschnew starb am 10. November 1982 im Amt in Moskau. Historiker sehen ihn heute auch als einen Kreml-Chef, der Entspannungspolitik zur amerikanischen Supermacht betrieb.
Als im Sommer 1968 Ludvik Vaculik das "Manifest der 2000 Worte" niederschrieb und veröffentlichte, stellten sich hunderte von Prominenten und tausende von Bürgern hinter die Forderungen nach Demokratisierung und Meinungsfreiheit. In Tschechien ist das Zeitdokument bis heute hoch geachtet. Vaculik selbst wirkte aus dem Untergrund auch bei der "Charta 77" mit und kann seit 1989 wieder frei publizieren. Der 82-Jährige pflegt seine Kolumne in der Tageszeitung "Lidove noviny".
Solidarisierung mit Palach
Unvergessen bleibt der Student Jan Palach. Die Tschechoslowakei war am Nachmittag des 16. Januar 1969 bereits wieder unter rigider Moskauer Führung, da setzte sich Palach auf dem Prager Wenzelsplatz selbst in Brand. "Da unser Land davor steht, der Hoffnungslosigkeit zu erliegen", begründet er die Tat schriftlich. Als er drei Tage später an den schweren Verbrennungen starb, solidarisierten sich spontan und später bei der Beerdigung hunderttausende Tschechen öffentlich mit Palach. Plätze, Straßen und Denkmäler erinnern heute an den "Märtyrer".
Wie oft bei Revolutionen, motivierten vor allem Künstler und Literaten die Gesellschaft zum Aufstand. Zwei Stars der Prager Kulturszene fanden schon vor 1968 mit ihren Werken die richtigen Worte, um die Enttäuschungen mit dem kommunistischen System auszudrücken. Milan Kunderas "Der Scherz", Pavel Kohouts "August, August, August" kursierten noch jahrzehntelang als versteckte Kopien in der Tschechoslowakei. Kohout ließ sich 1979 ausgebürgert in Wien nieder, Kundera fand 1975 in Frankreich eine neue Heimat. Vaclav Havel musste nach 1968 wiederholt ins Gefängnis, nach dem Regimewechsel 1989 war er für mehr als ein Jahrzehnt Staatspräsident.
Quelle: ntv.de