Dossier

Besuch in der Randregion Platzeck geht aufs Land

Vor ein paar Wochen ging Matthias Platzeck schon einmal auf Tuchfühlung: Das Sakko locker über der Schulter, im Plausch mit einigen Frauen an einem Wurststand auf dem Markt von Angermünde. "Weiter so", ermunterten die Damen den 53-Jährigen - erfreut darüber, dass Brandenburgs Ministerpräsident sich mal im Nordosten des Bundeslandes blicken ließ. Künftig will sich Platzeck hier häufiger zeigen. Bei der Landtagswahl 2009 tritt der zwischenzeitliche Chef der Bundes-SPD nicht mehr in seiner Heimatstadt Potsdam an, sondern in der Uckermark.

Damit geht der Städter Platzeck nicht nur aufs flache Land, sondern auch in eine der strukturschwachen Randregionen Brandenburgs. Ein größerer Kontrast zwischen Havel und Oder ist nicht möglich: Hier die Landeshauptstadt Potsdam mit modernsten Forschungsstätten und altpreußischem Glanz, dort der streckenweise fast entvölkerte Landstrich im Nordosten. Die Uckermark ist nicht nur Deutschlands größter Landkreis, sondern liegt auch bei der Arbeitslosigkeit mit knapp 22 Prozent bundesweit an der Spitze.

"Flagge zeigen" in der Randregion

Es ist eine der Ecken, die die Potsdamer SPD/CDU-Koalition nach Meinung von Kritikern wirtschaftlich veröden lässt. Schuld sei die geänderte Förderpolitik nach dem Prinzip "Stärken stärken", mit der Geld konzentriert in Wachstumskerne und Wachstumsbranchen fließt. Platzeck will nun in einer Randregion "Flagge zeigen", wie er selbst sagt, auch gegen den erstarkenden Rechtsextremismus. Der frühere Oberbürgermeister der Landeshauptstadt gibt dafür seinen Wahlkreis Potsdam II ab.

Bei den Menschen in Platzecks neuem Wahlkreis Uckermark I - Angermünde, Prenzlau und Umgebung - löst die Ankündigung ein geteiltes Echo aus. Bio-Landwirt Johannes Niedeggen vom Gut Kerkow etwa verspricht sich von dem hochrangigen Kandidaten weitere Werbung für die Uckermark, aus der auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kommt. "Es ist wichtig, die Menschen zu halten und Arbeitsplätze zu erhalten." Der Prenzlauer Lars Kaufmann sieht dagegen keine Vorteile. "Frau Merkel kommt ja auch aus Templin und ich habe nicht gehört, dass sich dort dadurch etwas getan hätte."

Den Wahlkreis zurückerobern

Der Unternehmer Robert Nitschmann aus Angermünde meint, Potsdam vernachlässige die Region und das werde sich nicht ändern. "Ich erwarte eher Luftblasen." Ähnlich äußert sich die politische Opposition: Einen "Show-Kandidaten", der nur anreise, wenn Fotografen und Kameras bereit stehen, erwartet der Abgeordnete Torsten Krause (Die Linke) aus dem Nachbarwahlkreis. Die CDU - Platzecks Partner in der Potsdamer Regierungskoalition - stößt ins gleiche Horn. Der christdemokratische Bundestagsabgeordnete Jens Koeppen meint, die Uckermärker könnten sich besser selbst vertreten.

Auch Platzecks Aussichten auf ein Direktmandat werden unterschiedlich beurteilt. Der Ministerpräsident werde auch in der Uckermark schnell einen Draht zu den Menschen finden, sagt der Prenzlauer Lars Kaufmann. Der frühere Umweltminister hat sich als "Deichgraf" während des Hochwassers 1997 an der Oder hohes Ansehen erworben, und inzwischen schwindet auch der Widerstand gegen den einst von ihm vorangetriebenen Nationalpark Unteres Odertal.

Wenn das Vorhaben gelingt, würde Platzeck im Herbst 2009 für die SPD den Wahlkreis zurückerobern, den der frühere Agrarminister Wolfgang Birthler 2004 an die PDS-Politikerin Irene Wolff-Molorciuc abgeben musste. Die übt sich trotz des prominenten neuen Gegners in Gelassenheit: "Unterstützung können wir hier immer gut gebrauchen."

Von Burkhard Fraune, dpa

Quelle: ntv.de

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