Dossier

Mit Wirtschaftsboss, ohne Gattin Politiker reisen meist solo

Die "private" Begleitung durch seinen Lebensgefährten Michael Mronz sorgt für Wirbel um den Außenminister.

Die "private" Begleitung durch seinen Lebensgefährten Michael Mronz sorgt für Wirbel um den Außenminister.

(Foto: AP)

Ob bei allen die Abneigung gegen das Begleiten so tief sitzt wie beim Kanzlergatten, ist nicht klar. Fakt ist jedoch: Deutsche Politiker lassen sich eher selten privat begleiten. Bis jetzt.

Die Plätze sind heiß begehrt. Wenn deutsche Spitzenpolitiker in ferne Länder aufbrechen, stehen Wirtschaftsbosse und andere Prominente Schlange, um mit an Bord zu kommen. Gute Beziehungen können dabei manchmal hilfreich sein. Die Einladungspraxis auf Auslandsreisen überschattet derzeit die Lateinamerika-Tour von Außenminister Guido Westerwelle. Die "private" Begleitung von seinem Lebensgefährten Michael Mronz sorgt nicht nur bei der Opposition für spitze Nachfragen.

Empört gibt sich das Auswärtige Amt über Vorwürfe, der erfolgreiche Sport- und PR-Manager an Westerwelles Seite nutze den Ausflug womöglich auch für die Anbahnung von eigenen Geschäften. "Er ist nicht Teil der Wirtschaftsdelegation", beteuerte AA-Sprecher Stefan Bredohl erneut. Es falle aber manchmal schwer, das auf einer Reise immer ganz genau zu trennen, räumte das AA ein.

Eingespieltes Auswahlverfahren

Für die Mitreisenden in einem Politikertross zahlen sich solche Ausflüge fast immer aus. "Die Aufwertung im Gastland ist schon enorm", zeigte sich etwa der frühere Commerzbank-Chef Klaus Peter Müller nach Rückkehr von einer Nordafrika-Reise mit Bundeskanzler Gerhard Schröder angetan. Die politischen Entscheidungsträger lerne man so automatisch kennen, weiß der heutige Präsident des Bankenverbandes: "Wenn Sie die einzeln aufsuchen wollten, wäre das viel schwieriger und zeitaufwendiger."

Kanzleringatte Joachim Sauer begleitet seine Frau Angela Merkel äußerst selten.

Kanzleringatte Joachim Sauer begleitet seine Frau Angela Merkel äußerst selten.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Das Auswahlverfahren für die Mitnahme von Firmenchefs, Vorstandsmitgliedern und Mittelständlern hat sich seit längerem eingespielt. Meist wird über die örtlichen Handelskammern sondiert, welches Unternehmen Interesse hat. Je nachdem, wie viele Plätze zur Verfügung stehen, wird dann ausgesiebt. In der Regel werden zehn bis zwanzig Wirtschaftsvertreter auf Auslandsreisen mitgenommen.

In der Regel solo

Zur gepflegten Übung gehört aber auch, dass einige Konzernlenker öfter zum Zuge kommen als andere. Zu den häufigsten Gästen an Bord von Kanzlermaschinen schon seit Helmuts Kohls Zeiten gehörte etwa Ex-Siemens-Chef Heinrich von Pierer. Bei Schröder war der niedersächsische Stahlindustrielle und jetzige RWE-Chef Jürgen Großmann Teil der Stammbesatzung. Bei Westerwelles Vorgänger Frank- Walter Steinmeier war auffällig oft der Berliner Medienunternehmer Detlef Prinz mit dabei. Die Wirtschaftsleute reisen auf eigene Kosten mit, anders als die sogenannten Sondergäste. Für diese Reisebegleiter, meist Künstler oder Sportler, werden die Kosten für Flug und Logis übernommen.

Doris Schröder-Köpf war in sieben Jahren nur zwei Mal dabei.

Doris Schröder-Köpf war in sieben Jahren nur zwei Mal dabei.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Durchaus neu ist jedoch die Praxis, dass ein Außenminister auf solchen Dienstreisen mit privater Begleitung reist. Vor der Südamerika-Tour hatte Mronz den Außenminister in dessen bislang erst kurzer Amtszeit bereits auf offizielle Termine in Italien, Spanien, China und Japan begleitet. Westerwelles Vorgänger wie Hans-Dietrich Genscher, Klaus Kinkel sowie Joschka Fischer machten solche Reisen in aller Regel solo. Auch Steinmeiers Ehefrau war bei den über 200 Auslandsreisen ihres Mannes nur ganz selten mit an Bord - zweimal bei informellen EU-Außenminister-Treffen, bei denen die Anwesenheit der Ehepartner ausdrücklich erwünscht war.

An der tiefen Abneigung des Kanzleringatten Joachim Sauer, seine Frau Angela Merkel auf solche Touren in alle Welt zu begleiten, dürfte sich auch künftig nicht viel ändern. Auch Schröders Frau machte sich rar an Bord. Ganze zweimal in sieben Jahren (1999 nach Washington, 2000 nach China) ließ Doris Schröder-Köpf ihren Mann auf längeren Touren nicht allein fliegen. Anders war dies bei Kohl. Bis zu ihrer Erkrankung war Kohls Frau Hannelore fast regelmäßig auf Auslandreisen mit an Bord.

Quelle: ntv.de, Joachim Schucht, dpa

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