Nach der Wahl im Iran Reaktionen aus Israel
14.06.2009, 12:16 UhrDie Israelis bewerten die Wiederwahl Ahmadinedschads als verschärfte Bedrohung, hoffen aber genau aus diesem Grund auf internationale Unterstützung, um den Bau einer iranischen Atombombe zu verhindern.
Die israelischen Zeitungen machen am Sonntag mit zwei Schlagzeilen auf: dem Wahlausgang im Iran und Spekulationen über die "Rede seines Lebens", die Antwort des Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu am Sonntagabend auf US-Präsident Barack Obamas Kairoer Rede.

Die Wiederwahl Ahmadinedschads steigere die Chance, gegen den Bau einer iranischen Atombombe vorzugehen, so israelische Medien.
(Foto: AP)
"Iran glaubt es nicht", titelt Israels Massenblatt Jedijot zu einem Riesenfoto des brennenden Teheran und einem Demonstranten mit Siegeszeichen. "Tausende protestieren auf der Straße gegen den Wahlsieg von Ahmadinedschad", berichtet die linksliberale Haaretz. Israels Rundfunk unterbrach am Samstag immer wieder sein Programm, um über die gewalttätigen Demonstrationen zu informieren. Berichten zufolge habe es auch drei Tote in Teheran gegeben. Eine aus Persien stammende Reporterin erzählte von Telefonanrufen aus Teheran. Verängstigte Iraner, die ihr Land verlassen wollen, bitten Israelis um Hilfe. Die Kommunikationswege nach Iran seien "sehr schwierig", weil das Internet und teilweise auch die Telefonleitungen "blockiert" seien.
"Verschärfung der Bedrohung"
Israels Außenminister Avigdor Liberman forderte die internationale Gemeinschaft auf, ungeachtet des Wahlausgangs Irans Atomprogramm zu stoppen. Sein Stellvertreter Dany Ayalon hält die Wiederwahl Ahmadinedschad für eine "Verschärfung der von Iran ausgehenden Bedrohung". Mit Blick auf Obamas Angebot eines Dialogs mit Teheran sagte der ehemalige Außenminister Silvan Schalom: "Das Wahlergebnis platzt im Gesicht jener, die glaubten, dass Iran zu einem Dialog mit der freien Welt bereit sei."
Reporter berichten über eher nüchterne Kommentare hoher israelischer Beamter. Es sei "reine Ironie", dass Israel, Syrien, die Hamas und die Hisbollah im Libanon wie Wiederwahl Ahmadinedschad begrüßt hätten. Syriens Präsident Baschar Assad habe als einziger arabischer Führer dem iranischen Präsidenten gratuliert. Hamas und Hisbollah erwarten eine Stärkung ihrer Position, während Israel in Ahmadinedschad den "perfekten PR-Mann sieht, der die Zerstörung Israels, das Leugnen des Holocaust und die Bedrohung der Welt mit der Atombombe vermarktet". Mit Ahmadinedschad könne Israel am ehesten mit internationaler Unterstützung gegen den Bau einer iranischen Atombombe rechnen, was in Jerusalem als akute Gefährdung der Existenz Israels empfunden wird. Ron Ben Ischai, der selber Iran bereist hat, erklärte im Rundfunk, dass es im Iran einen breiten Konsens für das Atomprogramm gäbe. Hätte Nir Hussein Mussawi die Wahlen gewonnen, wäre das Atom-Programm mit gleicher Energie weitergeführt worden, aber "die Welt wäre eingeschlafen, weil Mussawi gemäßigte Töne anschlägt". Die Gefahr für Israel hätte sich unter dem "gemäßigten" Mussawi nicht gemindert.
Wahl "nicht gemäß der Vorstellung anderer Demokratien"
Während die Welt überrascht reagiert und junge Menschen in Teheran gegen einen "offenkundigen Wahlbetrug" demonstrieren, hält der außenpolitische Redakteur des Haaretz, Zwi Barel, "aus iranischer Sicht" das Wahlergebnis für durchaus realistisch. "Wie die Israelis wählen die Iraner nicht gemäß den Vorstellungen anderer Demokratien." Er spielt damit auf den vermeintlich überraschenden Wahlsieg Netanjahus oder Libermans in Israel an. Ahmadinedschad habe die "Ehre des Irans" gehoben, sein Land zur Speerspitze gegen die arabische Hegemonie Ägyptens und der Saudis gemacht und den Einfluss des Irans auf Syrien, die Hisbollah im Libanon und die Hamas im Gazastreifen ausgedehnt. Iran böte der einzigen Supermacht die Stirn. Dank Ahmadinedschads Außenpolitik sei der Iran zur entscheidenden Kraft bei fast allen lokalen Konflikten im Nahen Osten avanciert.
Quelle: ntv.de