Klare Verhältnisse in Taiwan Saubermann wird Präsident
22.03.2008, 13:28 UhrMa Ying-jeou gilt als Saubermann. Der 1950 in Hongkong auf der Flucht vor den Kommunisten geborene Sohn eines Kuomintang-Funktionärs ging auf die besten Schulen, studierte Jura auf der besten Hochschule Taiwans und an der Harvard-Universität in den USA. Er diente dem früheren taiwanesischen Präsidenten Chiang Ching-kuo 1981 als Übersetzter für Englisch, was sein Sprungbrett in die Politik war. Schon 1984 wurde Ma Ying-jeou Vizegeneralsekretär der Nationalpartei. Der heute 57-Jährige repräsentiert eine neue Generation von Politikern in Taiwan, steht für "die neue Kuomintang", die ihr diktatorisches Erbe abschütteln will.
Sein Sieg bei der Präsidentenwahl in Taiwan demonstriert den Wunsch der Wähler nach einer Wende. Es ist gleichzeitig die demokratische Rückkehr zur Herrschaft der Kuomintang, die die Inselrepublik - bis 1987 noch mit Kriegsrecht - mehr als fünf Jahrzehnte regiert hatte. Die Mehrheit der Taiwanesen ist einfach enttäuscht vom scheidenden Präsidenten Chen Shui-bian, der im Jahr 2000 mit seinem historischen Sieg die Fortschrittspartei an die Macht gebracht und einen neuen Aufbruch versprochen hatte.
Viele wollen besseres Verhältnis zu China
Die Wähler präsentierten ihm jetzt die Quittung für immer neue Korruptionsskandale, Spannungen mit China, eine im asiatischen Vergleich schwächelnde Wirtschaft und stagnierende Einkommen. Doch trägt die Opposition auch einen großen Teil der Verantwortung für den immer wieder beklagten politischen Stillstand in Taiwan, da sie die Regierungspolitik über ihre Mehrheit im Parlament blockiert hatte. Experten in Taiwan kritisierten aber auch, dass sich die Politiker der Fortschrittspartei nach dem Wahlsieg 2000 nur mühsam daran gewöhnen konnten, aus der geübten Oppositionsrolle zu schlüpfen und Regierungsverantwortung zu tragen.
Viele Taiwanesen wollten aber auch einfach nur ein besseres Verhältnis zu China. Immer wieder hatte der Präsident die kommunistische Führung damit geärgert, Taiwan noch weiter von Festlandchina abzurücken und eigenständiger zu machen. Da Chen Shui-bian nach zwei Amtszeiten nicht mehr kandidieren durfte, trat der frühere Ministerpräsident Frank Hsieh für die Fortschrittspartei an. Er distanzierte sich von dem kontroversen Präsidenten und nahm gegenüber Peking eine konziliantere Haltung ein. Am Ende stand er aber für eine Politikkultur, die viele wieder los werden wollten.
Korruptionsvorwürfe erfolgreich abgeschüttelt
Zwar ist Ma Ying-jeou der Sohn eines Festlandchinesen, doch bemühte er sich erfolgreich um die Stimmen der gebürtigen Taiwanesen. Er lernte ihre Dialekte, radelte sogar mit dem Fahrrad durch den Süden der Insel, der seit je her die Hochburg der Fortschrittspartei ist, um die Sorgen der Arbeiter und Bauern zu hören. Selbst viele Taxifahrer, die traditionell hinter der Fortschrittspartei standen, haben die Seite gewechselt.
Korruptionsvorwürfe des politischen Gegners, die seine Kandidatur beinahe gefährdet hätten, hatte Ma Ying-jeou erfolgreich abschütteln können. Er wurde vor Gericht freigesprochen, konnte damit sein Ansehen als "Mr. Clean" oder "Mr. Perfect" bestätigen. Ma Ying-jeou ist mit einer Bankerin verheiratet, hält seine Frau und zwei Töchter, die heute in den USA studieren, bewusst aus dem Rampenlicht, um die Privatsphäre seiner Familie zu schützen.
Als ehemaliger Justizminister, Vizevorsitzender des Festlandrates, dem höchsten Organ für die Beziehungen zu China, sowie als Bürgermeister der Hauptstadt und Kuomintang-Chef gilt Ma Ying-jeou als erfahrener und besonnener Politiker. Mit seinem Sieg herrschen auch wieder klare Verhältnisse. Da Parlament und Regierung wieder in einer Hand sind, kann der politische Stillstand überwunden werden.
Von David Chang und Andreas Landwehr, dpa
Quelle: ntv.de