Dossier

Insolvenzordnung für Staaten Schon einmal gescheitert

Merkel und Schäuble fordern eine international gültige Staaten-Insolvenzordnung. Schon einmal hatte der IWF ein solches Konzept erarbeitet. Aber die Bemühungen scheiterten 2003.

Anne Krueger, Ex-Vizepräsidentin des IWF, regte 2001 ein Regelwerk bei drohenden Staatspleiten an, ...

Anne Krueger, Ex-Vizepräsidentin des IWF, regte 2001 ein Regelwerk bei drohenden Staatspleiten an, ...

(Foto: REUTERS)

Kanzlerin Angela Merkel und ihr Finanzminister Wolfgang Schäuble haben angesichts des Griechenland-Debakels ein neues Aktionsfeld eröffnet: sie fordern eine internationale Insolvenzordnung für Staaten. Damit soll ein geordnetes Verfahren bei drohenden Staatspleiten geschaffen werden, das Eruptionen des globalen Finanzwesens vermeiden soll. Zudem soll die Staatengemeinschaft, auch das ähnelt den Bemühungen im privaten Bankengewerbe, nicht mehr erpressbar sein, helfen zu müssen, wenn ein Land sich ins Abseits laviert hat. Ziel sind die geordnete Bedienung von Gläubigern wie auch eine Reorganisation des Schuldnerstaates.

Neu sind die Bemühungen um eine solche internationale Insolvenzordnung für Staaten nicht. Schon Anfang des Jahrzehnts war als Reaktion auf eklatante Schuldenfälle in mehreren Schwellenländern heftig um dieses Thema gerungen worden - letztlich erfolglos. Basis der Diskussion war ein Vorschlag der damaligen Vizepräsidentin des Internationalen Währungsfonds (IWF) Anne Krueger vom November 2001 für eine für einen "Sovereign Debt Restructuring Mechanism" (SDRM). Sie wurde seinerzeit von IWF-Chef Horst Köhler unterstützt. Und Köhler, inzwischen Bundespräsident, hält die Idee nach den jüngsten Erfahrungen für aktueller denn je, wie er erst vergangene klarmachte.

Rot-Grün befürwortete eine Insolvenzordnung

Deutschland, damals Rot-Grün regiert, gehörte zu den Befürwortern des Ansatzes für eine Staaten-Insolvenzordnung. Beerdigt wurde die Initiative dann aber 2003 durch die Regierung von US-Präsident George W. Bush, konkret von seinem Finanzminister John Snow. Es sei "weder notwendig noch nachvollziehbar", die Arbeiten an einer solchen Insolvenzordnung fortzusetzen, befand der kurz und knapp bei einer IWF-Konferenz unter dem Applaus gerade der privaten Banken, einer der wichtigsten Gläubigergruppen in solchen Fällen. Die Entwicklung ging dann in Richtung eines weniger umfassenden, weniger strikten und rundum freiwilligen Ansatzes - die Aufnahme sogenannter Umschuldungsklauseln (CACs) in Anleiheverträgen.

... traf aber auf den Widerstand des damaligen US-Finanzministers John Snow.

... traf aber auf den Widerstand des damaligen US-Finanzministers John Snow.

(Foto: REUTERS)

Der IWF-Vorschlag sah seinerzeit vor, dass ein Insolvenzverfahren von einem überschuldeten Land eingeleitet wird. Es würde sich damit vorübergehend Schutz vor Gläubigern sichern. Schuldner und Gläubiger sollten direkt und geordnet Zahlungserleichterungen, Umschuldungen oder auch eine Teilentschuldung aushandeln. Wichtig war: sollte eine Einigung zwischen beiden Seiten nicht von allen, sondern nur einer großen Mehrheit des Gläubiger - 70 Prozent oder mehr - getragen werden, sollte sie auch für nicht-kooperative Gläubiger rechtlich bindend sein. Blockaden einzelner Gruppen von Anleihekunden wären dann nicht mehr so leicht möglich.

Kritiker allerdings lehnten den Vorschlag seinerzeit aus vielen Gründen ab. Sie zweifelten zum Beispiel an, ob das überhaupt problemlos in nationales Recht in den vielen Staaten umgesetzt werden kann. Bemängelt wurde auch, je nach politischem Standort des Kritikers, dass in die Souveränität des Schulder massiv eingegriffen wird oder dass über die Maßen auch die Rechte der Gläubiger verletzt würden. Auch zur Frage einer Wiedereingliederung eines solchen Landes in die internationalen Kapitalströme äußerten Experten Zweifel.

"Der Handlungsdruck ist da"

Doch vielleicht hat die aktuelle Entwicklung mit vielen großen Staaten, die bei ihrem Schuldenstand die 100 Prozent-Marke des Bruttoinlandsprodukts inzwischen hinter sich gelassen haben, einen besseren Nährboden geschaffen, um das Thema nun erfolgreicher zum Abschluss zu bringen als 2003. "Der Handlungsdruck ist da", sagt ein hoher Regierungsvertreter. Die Kanzlerin hat den Stein einmal ins Wasser geworfen und wartet nun auf internationale Bündnispartner.

Quelle: ntv.de, Gernot Heller, rts

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