Berlins Iran-Geschäfte Schröder ja, Steinmeier nein
09.02.2009, 12:57 UhrDie Feiern zum 30-jährigen Bestehen der Islamischen Republik Iran am 10. Februar betrachtet die Bundesregierung aus weiter Ferne. Mehr als fünf Jahre ist es schon her, dass in Teheran zum letzten Mal ein richtiger Bundesminister zu Gast war: der damalige Außenminister Joschka Fischer im Oktober 2003. Seither reisen aus Deutschland nur noch Politiker aus der zweiten Reihe in den Iran - und Leute, die früher etwas zu sagen hatten. Aber immerhin die sind von einiger Prominenz: Nächste Woche zum Beispiel packt der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder seine Koffer.
Besonders gelegen kommt der Iran-Besuch des Ex-Kanzlers der heutigen Regierung nicht. Wegen des iranischen Atomprogramms arbeitet Außenminister Frank-Walter Steinmeier - Schröders einstiger Kanzleramtschef - gerade daran, die bestehenden Sanktionen zu verschärfen. Allerdings gibt es bis in andere Ministerien hinein Zweifel, ob dies das geeignete Mittel ist, um Teheran von seinen Plänen abzubringen. Der Westen fürchtet, dass der "Gottesstaat" unter dem Deckmantel eines zivilen Nuklearprogramms Atomwaffen entwickelt.
Deutschland unter internationaler Beobachtung
Was den Umgang mit den Mullahs angeht, steht Deutschland international unter verschärfter Beobachtung. Die Bundesrepublik und der Iran haben immer noch gute Geschäftsbeziehungen miteinander. Trotz aller Unzufriedenheit über den Kurs von Präsident Mahmud Ahmadinedschad wuchs der deutsche Iran-Handel im vergangenen Jahr auf rund vier Milliarden Euro - im Vergleich zum Jahr zuvor nochmals ein Plus von mehr als zehn Prozent. Exportiert werden vor allem Maschinen, Kraftwagen und Kfz-Teile sowie chemische Erzeugnisse.
Deshalb wird Deutschland aus Ländern wie den USA und Israel der Vorwurf gemacht, die Sanktionen zu unterlaufen. Mit dem kompromisslosen deutschen Bekenntnis zum Existenzrecht Israels, das vom Iran immer wieder infrage gestellt wird, verträgt sich das schlecht. Das "Wall Street Journal" merkte kürzlich spitz an, die größte deutsche Sorge gelte wohl "nicht einer islamischen Bombe, sondern dem Risiko härterer UN-Sanktionen".
Ausfuhranträge kritisch geprüft
Angesichts der internationalen Kritik werden Ausfuhranträge deutscher Firmen heutzutage kritischer geprüft als früher. Außerdem bekommen sie kaum noch staatliche Hermes-Bürgschaften fürs Iran- Geschäft. 2004 betrug das Hermes-Volumen für Iran-Aufträge noch 2,1 Milliarden Euro. Vergangenes Jahr waren es nach Angaben des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) nur noch 250 Millionen. Auf der Hermes-Statistik sackte der Iran von Rang 2 auf Rang 25 ab.
Das liegt an der Politik. Deutschland gehört zur sogenannten Sechsergruppe (außerdem: USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien), die den Iran mit politischen und wirtschaftlichen Anreizen zu einer ausschließlich zivilen Nutzung der Atomkraft bewegen wollen. Unter dem neuen Präsidenten Barack Obama haben die USA Teheran jetzt erstmals direkte Gespräche angeboten. Zugleich sind international aber auch härtere Strafmaßnahmen in Vorbereitung. "Wir müssen uns auch darauf vorbereiten, weitere Sanktionen zu verhängen, wenn Iran bei seiner kompromisslosen Haltung bleibt", so Steinmeier.
In der deutschen Wirtschaft werden solche Drohgebärden nicht gern gesehen. Dort wird auch darauf verwiesen, dass der Iran über die weltweit zweitgrößten Gasvorkommen verfügt - in Zeiten, in denen Russland Europa den Gashahn zudreht, kein schlechtes Argument. Auch aus der Union kam deshalb schon die Forderung, Steinmeier solle keine "Scheuklappenpolitik" betreiben, sondern selbst in den Iran fahren. Aber davon ist die deutsche Außenpolitik derzeit weit entfernt.
Quelle: ntv.de, Christoph Sator, dpa