Nachbarländer schauen zu Simbabwes Krise eskaliert
10.04.2008, 10:44 UhrIn Simbabwe wiederholt sich die Geschichte. Schlägertrupps terrorisieren mit stillschweigender Duldung der Regierung weiße Farmer und schwarze Oppositionsanhänger, doch die meisten Nachbarn schauen verlegen zur Seite. Das war schon 2000 so, als der zunehmend autokratische regierende Präsident Robert Mugabe von einer Wahlschlappe ablenken wollte. Zwar rief am Mittwoch Tansanias Präsident Jakaya Kikwete in Neu Delhi auf dem indisch-afrikanischen Gipfeltreffen zu dringendem Handeln auf. Doch er meinte nicht die eskalierende Simbabwe-Krise, sondern steigende Lebensmittelpreise in der Region.
Und Südafrikas Präsident Thabo Mbeki predigte in London ein geduldiges Abwarten der seit knapp zwei Wochen bereits verschleppten Bekanntgabe der Präsidentenwahl. Während Simbabwes Nachbarländer Sambia oder Mosambik sich bereits öffentlich Gedanken über mögliche Flüchtlingsströme machen, sind Worte der Kritik von afrikanischen Spitzenpolitikern weiter so rar wie Wasser in der Wüste. Von einem "ohrenbetäubenden Schweigen" der afrikanischen Politiker sprach Tendai Biti, der Generalsekretär der oppositionellen Bewegung für Demokratischen Wandel (MDC) in Simbabwe.
Er verglich ihre Passivität mit der von 1994, als in Ruanda eine knappe Million Menschen bei ethnischen Spannungen ums Leben kamen. Selbst von der nach EU-Vorbild gegründeten Afrikanischen Union (AU) - die sich noch immer im Glanze einer erfolgreichen Militär-Intervention auf einer kleinen Komoren-Insel von der Größe Singapurs sonnt - kam bisher keine Reaktion. Ähnlich wie vergangenes Jahr gab es auch diesmal von Sambias Präsident Levy Mwanawasa einen Einwurf. Er forderte erneut die Einberufung eines Simbabwe-Krisengipfels des regionalen Staatenbundes SADC für diesen Samstag. Doch schon einmal endete ein solches Treffen mit einer eher flauen Kompromissformel.
Kaum kritische Stimmen
Vor diesem Hintergrund setzte sich nur ein prominenter afrikanischer Spitzenpolitiker ab: Jacob Zuma. Der ist angesichts seiner moralischen Überzeugungen nicht nur das "enfant terrible" der südafrikanischen Politik, sondern auch der Vorsitzende der ältesten Befreiungsbewegung des Kontinents: des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) von Nelson Mandela.
Zuma steht nach Ansicht von Beobachtern schon so gut wie sicher als Nachfolger von Präsident Thabo Mbeki fest, sollte ihm nicht noch ein Korruptionsverfahren einen Strich durch die Rechnung machen. Er setzte sich nun demonstrativ von Mbeki ab, als er die Vorgänge im Nachbarland scharf kritisierte. Nach einer Unterredung mit Simbabwes Oppositionschef Morgan Tsvangirai verurteilte er die zähe Bekanntgabe der Wahlergebnisse als falsch. Sie ließen Schlimmes ahnen, meinte er, und forderte zügige Offenlegung des Wahlausgangs.
Politbüro ruft zur Revolution
Während der in Afrika noch immer als Freiheitskämpfer bewunderte Mugabe aufs Beschwören alter Feindbilder und der brutalen Gewalt seiner Schlägertrupps setzt, gibt sich die Opposition eher staatsmännisch. Am Rande eines Gesprächmarathons mit den Regierungen der simbabwischen Nachbarstaaten signalisierte MDC-Chef Morgan Tsvangirai bereits die Möglichkeit, eine Regierung der nationalen Einheit zu akzeptieren. Selbst über eine Beteiligung Mugabes ließ sich verhandeln, meinte Tsvangirai im südafrikanischen Rundfunk.
Der zeigte sich bisher jedoch kaum zu Verhandlungen bereit, sondern verunglimpfte die bei den Wahlen erfolgreiche Opposition als Steigbügelhalter neokolonialer Weißer. Seine ZANU(PF)-Partei - eine der letzten dieser Welt, die noch ein Politbüro hat - fordert zur Verteidigung der "Revolution" auf und versucht, die Opposition durch finstere Dolchstoßlegenden zu verunglimpfen. Unter anderem durch das Gerücht, die MDC plane den Ausverkauf der nationalen Finanzhoheit: Um dem Land mit der weltweit höchsten Inflationsrate wieder auf die Beine zu helfen, erwäge eine MDC-Regierung deutsche Finanzexperten ins Land zu holen und mit weitreichenden Kompetenzen auszustatten.
Von Ralf E. Krüger, dpa
Quelle: ntv.de