Dossier

"So ein kleiner Wadenbeißer" Steinmeier kickte zuverlässig

Wer es bei der SPD zu etwas bringen will, muss allem Anschein nach vor allem Fußball spielen. Und das nach Möglichkeit in der lippischen Heimat des früheren Bundeskanzlers Gerhard Schröder, der als Mittelstürmer beim Verein TUS Talle kickte. Ebenfalls aus dem Lipperland, aus Brakelsiek, stammt Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, und auch er spielte Fußball - beim TUS 08 Brakelsiek, den er noch heute seinen Lieblingsverein nennt. Ein großer Techniker sei er zwar nicht gewesen, aber ein Kämpfer, sagt sein früherer Jugendtrainer Ernst Null. "So ein kleiner Wadenbeißer, wie früher Berti Vogts." Am 22. August besucht Steinmeier seine alte Heimat zum 100. Geburtstag des TUS 08 Brakelsiek.

"Das war ein prima Kerl, auf den konnte man sich verlassen", sagt der 68 Jahre alte Ernst Null. "Er war immer da, er war immer pünktlich." Streiche gab es keine. "Man kann wirklich wenig über den Jungen erzählen." Doch ein Vorbild sei er gewesen, erinnert sich der 73 Jahre alte Karl Höwing, damals ebenfalls Jugendtrainer beim TUS 08 Brakelsiek. "Man konnte sich ausrechnen, dass er seinen Weg geht."

"Er konnte nicht verlieren"

Im rechten Mittelfeld habe Steinmeier gespielt, erinnert sich der der 58-jährige Geschäftsführer des TUS 08 Brakelsiek, Rainer Schriegel, der zwei Jahre lang mit dem späteren Politiker in der Seniorenmannschaft spielte. Ehrgeizig sei Steinmeier gewesen, "er konnte nicht verlieren". Schon früh sei er als der Zuverlässigste auch Mannschaftsführer geworden. "Prickel" nannten ihn seine Mannschaftskameraden. Was auch immer das bedeutet. "Kein Mensch weiß, wie man darauf gekommen ist", meint Schriegel.

Spuren hat Steinmeier, der 1956 in Detmold geboren wurde, in seiner Heimat nur wenige hinterlassen. Doch es gibt eine Einrichtung, für die auch heute die Jugendlichen im Ort dem späteren Außenminister dankbar sein dürften. Damals spielten die Jugendlichen auf den Dörfern vor allem Fußball, andere Beschäftigungen gab es nicht. "Und in die Kneipe durfte man unter 16 nicht rein", sagt Schriegel. Also verhandelte Steinmeier mit der Kommune, die den Jugendlichen tatsächlich einen Raum überließ. Dort stellten die jungen Leute einen Plattenspieler auf. Ein Jugendzentrum ist der Raum geblieben, dreimal in der Woche geöffnet.

Freizeit auf dem Fußballplatz

Ihre komplette Freizeit hätten die Jugendlichen aus dem einstigen Bauerndorf mit heute knapp 1000 Einwohnern damals auf dem Fußballplatz verbracht, sagt Schriegel. So auch der Tischlersohn Steinmeier. An diese Zeit erinnert der Ortskern von Brakelsiek noch heute: schmale Wege, Fachwerkhäuser, Bauernhöfe - und der Misthaufen an der Straße. Keine Kirche im Dorf. Früher habe es viele Landwirte gegeben, und wer es sich leisten konnte, hielt ein paar Hühner oder Schweine. Angebaute Ställe hat auch Frank-Walter Steinmeiers Elternhaus - und Geranien vor der Haustür.

Nach Steinmeiers schrittweisem Aufstieg in der Politik, eng verbunden mit dem Gerhard Schröders, erfahren die Menschen in Brakelsiek mehr über ihren einstigen Nachbarn. "Früher wusste man gar nichts", sagt Schriegel. Denn mit dem Studium ging Steinmeier weg aus Brakelsiek. Da war es auch mit dem Fußballspielen vorbei.

Seine Heimat hat der Fußballverein direkt neben Steinmeiers früherer Schule. Daran schließt sich der gepflegte Fußballplatz an, heute mit Aluminium- statt Holztoren. Etwa 380 Mitglieder hat der Verein, darunter der Bundesaußenminister. Ehrenmitglied ist er noch nicht, dafür müsse man gemäß den Regularien gewisse Verdienste mitbringen, sagt Schriegel. Aber: "Wir überlegen, welche Begründung wir finden."

Thomas Strünkelnberg, dpa

Quelle: ntv.de

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