"Du Land der Bayern": Stoibers Abgesang
17.07.2007, 16:42 UhrEs ist die vorletzte Etappe auf Edmund Stoibers (CSU) monatelanger Abschiedstour. Zum 25. und letzten Mal hält der im Januar von seiner Partei zum Rückzug gezwungene Ministerpräsident eine Regierungserklärung im Bayerischen Landtag. 60 Minuten soll er reden - und ganz gegen seine Gewohnheit überzieht er nur kurz. Es ist das vorweggenommene Vermächtnis des 65-Jährigen. Der Tenor: Wir in Bayern sind die Besten. Und Stoibers inoffizielle Botschaft: Ich war auch besser als Franz Josef Strauß - der fast 20 Jahre nach seinem Tod immer noch das Maß aller Dinge in der CSU ist. Zwischen den Zeilen lässt Stoiber seinen einstigen Vasallen und jetzigen ungeliebten Nachfolger Günther Beckstein (CSU) wissen: Ich war der Beste - und ich kann es wahrscheinlich besser als du.
Bayern sei heute auf allen wichtigen Gebieten Vergleichsmaßstab in Deutschland, lobt Stoiber sich selbst und seine 14-jährige Amtszeit. Das einzige Land, das Milliardeninvestitionen ohne neue Schulden stemmt. Das Land mit überdurchschnittlichem Wachstum und "dem solidesten Haushalt". Die CSU sei die "einzige Volkspartei" in Bayern. Und trotz Wiedervereinigung und EU-Osterweiterung sei Bayerns Gewicht in Deutschland und Europa "sogar noch gewachsen".
Ein letztes Mal kündigt Stoiber eine Offensive an, ein Milliardenprogramm. 1,5 Milliarden Euro für Technologie und Wissenschaft, Ganztagsschulen und Kinderbetreuung. Im Jahr 2020, so Stoibers Auftrag an die Erben, "steht Bayern eigenständig, kraftvoll und weltweit angesehen" da. In der CSU hatte lange die Befürchtung geherrscht, Stoiber wolle mit seiner Schlussoffensive den Kurs der CSU auf Jahre hinaus festnageln. Formuliert wurde die Erklärung schließlich unter Mitaufsicht der CSU-Fraktion, so dass unangenehme Überraschungen ausgeschlossen waren.
Auf seinen unaufhaltsam nahenden Rücktritt geht Stoiber nur am Ende seiner Rede ein. Seinem Nachfolger Beckstein wünscht er kurz Glück und Erfolg - was im Redemanuskript nicht vorgesehen war. "In diesem Sinne kann ich nur sagen: Gott mir Dir, du Land der Bayern! Die CSU ist stark, und ich wünsche mir, dass es dabei bleibt." In knapp zweieinhalb Monaten wird Stoiber seine Spitzenämter als CSU-Chef und Ministerpräsident offiziell abgeben. "Ein bisschen Wehmut", beschreibt Bayerns Sozialministerin Christa Stewens (CSU) ihre Empfindungen.
Zuletzt bekrittelte Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff die lange Übergangsphase. Obwohl viele Christsoziale ganz ähnlich denken, hält die CSU aus vollem Rohr dagegen. "Ziemlich nutzloses Gerede", höhnt Fraktionschef Joachim Herrmann. "Wir sind bei 56 Prozent." Er könne Wulff nur raten, die Zeitpläne so zu gestalten, dass er selbst 50 Prozent plus X erziele.
Die meisten CSU-Abgeordneten spenden Stoiber zum Schluss minutenlang stehend Beifall. Es bleibt SPD-Fraktionschef Franz Maget überlassen, die CSU an die derzeit ungern gehörte Wahrheit zu erinnern, dass Stoiber von den eigenen Leuten gestürzt wurde. "Wenn er es so gut gemacht hat, warum muss er dann gehen?", spottet Maget.
Im Gegensatz zu früheren Triumphen im Münchner Maximilianeum erntet Stoiber vergleichsweise seltenen Zwischenapplaus. Denn in den Gedanken der meisten CSU-Abgeordneten spielt Stoiber schon jetzt nur noch eine untergeordnete Rolle. Bereits am Donnerstag will die Landtags-CSU Beckstein offiziell als künftigen Ministerpräsidenten nominieren. Damit wird Stoiber für die letzten Monate seiner Amtszeit zum Platzhalter in der Staatskanzlei. Stoiber hätte am liebsten bis zum Schluss mit voller Kraft regiert. Vorgeschlagen wird Beckstein voraussichtlich von Fraktionschef Joachim Herrmann, nicht vom scheidenden Amtsinhaber.
Nach offizieller Darstellung soll Stoibers letzter großer Auftritt im Münchner Maximilianeum ein Fest der Einigkeit einleiten. "Diese ganze Woche wird eine Demonstration der Geschlossenheit", sagt CSU- Fraktionschef Herrmann - in den vergangenen Monaten einer der Hauptgegenspieler Stoibers. Am Donnerstag werde mit Becksteins Nominierung "der Kompass eingenordet auf die nächste Etappe". Am 9. Oktober steht Becksteins Wahl im Landtag auf der Tagesordnung.
Von Carsten Hoefer, dpa
Quelle: ntv.de