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"Bundesregierung traut sich nicht" Ströbele will Banken verpflichten

Hans Christian Ströbele ist für die Griechenlandhilfe, aber gegen das Paket der Bundesregierung.

Hans Christian Ströbele ist für die Griechenlandhilfe, aber gegen das Paket der Bundesregierung.

(Foto: picture alliance / dpa)

Hans-Christian Ströbele hält eine Hilfe für Griechenland für wichtig und erforderlich. Allerdings stimmt er gegen das Paket. Die Bundesregierung sollte auch die Großbanken in die Verantwortung ziehen. Doch dazu fehlt der schwarz-gelben Kolaition der Mut.

n-tv.de: Reicht das Hilfspaket der EU für Griechenland?

Hans-Christian Ströbele: Ich habe gelernt, dass das, was bisher an Finanzmitteln vorgesehen ist, wahrscheinlich nicht ausreicht, weil es offensichtlich zusätzliche Gefährdungen gibt, die wahrscheinlich durch zusätzliche Garantien abgedeckt werden müssen. Wir müssen uns darauf einstellen, dass es mehr werden kann.

Die Grünen haben zu 90 Prozent dafür gestimmt. Waren Sie bei den 90 oder bei den zehn, die sich enthalten haben?

Ströbele (l) stellt sich den Fragen von Manfred Bleskin.

Ströbele (l) stellt sich den Fragen von Manfred Bleskin.

Bei den zehn, weil ich zwar die Notwendigkeit der Kredite und Garantien sehe und die Mittel auch gern der griechischen Bevölkerung zukommen lasse. Aber ich will nicht, dass die Großbanken, auch die deutschen, dass die Spekulanten sich das Risiko von unserer Garantieerklärung abnehmen lassen und sich ihre großen Renditen und erhöhten Zinsen finanzieren lassen. Deshalb bin ich so nicht einverstanden.

Gegen die Mitverursacher der Krise, nicht nur in Griechenland, gegen Investmentbanken, Hedgefonds und Ratingagenturen wird praktisch nichts gemacht.

Das genau ist der Fehler: Die Bundesregierung traut sich nicht, sich mit den Großbanken anzulegen. Ich vermute mal, dass dies auch mit die Schuld der FDP ist. Die Großbanken haben zwar ganz vage versprochen, sich irgendwie beteiligen zu wollen. Aber angesichts der Riesenzahlen, es geht um insgesamt mehr als 100 Milliarden Euro, für Deutschland um 22 Milliarden, kann man sich damit nicht zufrieden geben. Man muss sagen: Wie viel? Hic Rhodos, hic salta, sagt der Lateiner. Wir müssen wissen, wie viel die Banken ganz genau zur Verfügung stellen. Wenn Deutschland nicht eingreifen würde, wenn die EU, der Internationalen Währungsfonds nicht eingreifen würden, dann müssten die Banken ihre Milliardenforderungen, allein von deutschen Banken sind es mehr als 40 Milliarden, abschreiben. Dann würden sie gar nichts mehr wiederbekommen. Wenn sie jetzt möglicherweise alles retten können, das gesamte Kapital, die Zinsen und die Renditen, dann können sie doch gut und gern ein bisschen davon abgeben.

Halten Sie es für denkbar, dass Länder aus der Eurozone suspendiert werden? Oder deren Stimmrechte suspendiert werden? Oder dass Länder gar aus der Eurozone ausscheiden?

Nein. Davon halte ich überhaupt nichts. Die Europäische Union ist ein Zukunftsprojekt, das wir weiter verfolgen sollten. Da gibt es so viele Vorteile, gerade für Deutschland. Allein die Tatsache, dass durch die Existenz der EU Kriege unmöglich gemacht werden, ist ein ganz, ganz hoher Zweck. Aber richtig ist, dass man an die Finanzmärkte ran muss. Das kann so nicht weitergehen, dass sie uns in Grund und Boden spekulieren.

Wie stabil bleibt die EU, der Euro, wenn die Proteste auf andere Länder übergreifen. Mögliche Kandidaten sind Portugal, Italien und Spanien, wo es ja starke, linke Gewerkschaften gibt.

Europa bleibt eins, das steht für Ströbele fest.

Europa bleibt eins, das steht für Ströbele fest.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Europa bleibt stabil, wenn wir etwas tun. Wenn wir das weiter aussitzen, wie die Bundesregierung es macht, nichts unternehmen, um die Finanzmärkte unter Kontrolle zu bringen, dann kann das durchaus zu sozialen Unruhen führen. Ich kann die Griechen verstehen. Es gibt Leute mit geringem Einkommen, die jetzt noch viel weniger kriegen. Da sind ja jetzt zusätzliche Einkommenseinbrüche von fast 20 Prozent zu verzeichnen. Die Mehrwertsteuer wird erhöht, die Renten werden gekürzt. Man muss sich vorstellen, was dies für Deutschland bedeuten würde. Da wären die Leute auch hier auf der Straße.

Letzte Frage. Themenwechsel. In NRW stehen die Wahlen vor der Tür. Für Rot-Grün wird es sehr wahrscheinlich nicht reichen. Welchen Weg nimmt Ihre Partei in Düsseldorf?

Das entscheiden die Grünen vor Ort. Ich habe mich auch immer geärgert, wenn andere Landesverbände in Berlin eingegriffen haben. Deshalb will ich nichts konkret sagen. Aber ich mache überhaupt keinen Hehl daraus, dass ich von Schwarz-Grün, wo auch immer, wenig halte. Dass so etwas in manchen Kommunen notwendig ist, weil die SPD so verschlissen ist, das habe ich auch eingesehen. Das haben wir auch in Berlin so praktiziert. Aber auf Landesebene, vor allem, wenn es ein großes Land ist, oder gar auf Bundesebene, halte ich überhaupt nichts davon. Aber ich weiß, dass andere Kolleginnen und Kollegen in der Partei dies anders sehen.

Quelle: ntv.de, Mit Hans-Christian Ströbele sprach Manfred Bleskin

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