Dossier

Steinbrücks Rasenmäher Subventionsabbau steht an

Beliebtheitswettbewerbe wird Peer Steinbrück (SPD) als Finanzminister wohl kaum gewinnen können. Will er die maroden Staatsfinanzen sanieren, sind schmerzhafte Kürzungen unausweichlich. Die Rasenmähermethode der Koch-Steinbrück-Liste könnte den Weg des Subventionsabbaus weisen.

Konsens beim Subventionsabbau

Vor ziemlich genau zwei Jahren hatten Peer Steinbrück, damals Landesfürst in Nordrhein-Westfalen, und der hessische Ministerpräsident Roland Koch ausgelotet, welche Einschnitte SPD und Union im Konsens beschließen könnten. Am Ende verkündeten sie stolz "das größte Subventionskürzungsprogramm, das wir je in der Bundesrepublik hatten." Die beiden Ministerpräsidenten wollten die Subventionen nach der Rasenmähermethode trimmen: großflächig, gleichmäßig und nicht zu radikal.

Die staatlichen Beihilfen lassen sich in zwei große Brocken unterteilen: einerseits die Steuervergünstigungen wie die Eigenheimzulage oder die Pendlerpauschale, andererseits die Finanzhilfen etwa für den Steinkohlebergbau, die Bahn, Werften, die Landwirtschaft und vieles mehr. Alles zusammen belastet den Bundeshaushalt jährlich mit 127,3 Milliarden Euro. Diesen Batzen Geld verteilten Koch und Steinbrück auf drei Körbe: einmal die Subventionen, die gekappt werden sollen, dann diejenigen, die eine der großen Parteien beibehalten will und dann solche, die weder SPD noch CDU/CSU antasten wollen.

In den ersten und größten Korb wanderten Subventionen im Wert von 77,4 Milliarden Euro. Hier sollte von 2004 bis 2006 überall um vier Prozent gekürzt werden. Der Sparerfreibetrag – Kosten für den Bund: etwa 3 Milliarden Euro pro Jahr – sollte genauso beschnitten werden wie die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für Geschenke – mit 125 Millionen Euro jährlich eher unbedeutend. Die Rasenmähermethode behandelt alle Zuschüsse und Ausnahmetatbestände gleich. Die Lasten sollen sich auf möglichst viele Schultern verteilen – auch um den Protest der Lobbyisten in Grenzen zu halten. In den ersten drei Jahren sollten jeweils 10,5 Milliarden im Bundeshaushalt eingespart werden.

Keine Kürzung bei der Bildung

Der zweite Korb enthält Maßnahmen, die entweder den Sozialdemokraten heilig sind oder aber für die Union unzumutbar erscheinen. Die SPD besteht auf die Steuerfreiheit für Sonn-, Feiertags- und Nachzuschläge. Die Christdemokraten halten an der Verschonung der gewerblichen Wirtschaft von der Ökosteuer fest. Beide Seiten zusammen beharren auf Subventionen in Höhe von 5,9 Milliarden Euro. Im dritten Korb landete alles, woran beide nicht den Rotstift setzen wollten: Forschung, Entwicklung, Bildung, Mittelstandsförderung sowie der Solidarpakt II für Ostdeutschland. Außerdem alles, wo der Sachverhalt zu kompliziert ist oder eine große Reform ansteht, beispielsweise die Besteuerung der Alterseinkünfte.

EU-Kommission im Nacken

Ein Teil der Forderungen steht bereits im Gesetzblatt. Im Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat handelten die Parteien Ende 2003 auf Grundlage des Koch-Steinbrück-Papiers Kürzungen von insgesamt 1,37 Milliarden Euro aus. Zusätzlich wurde die Eigenheimzulage um 30 Prozent abgesenkt und die Kilometerpauschale auf 30 Cent reduziert. Das gesamte Sparvolumen pro Jahr summierte sich somit auf rund 8,5 Milliarden Euro.

Doch die Maßnahmen reichten bei Weitem nicht aus: Zum vierten Mal in Folge verstößt Deutschland in diesem Jahr gegen die Maastricht-Kriterien, wonach die Neuverschuldung nicht mehr als drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen darf. Die EU-Kommission sitzt der Bundesregierung im Nacken. Wenn sie auf die Einhaltung des Paktes schon im Jahr 2006 pocht, muss Steinbrück kurzfristig 22,5 Milliarden Euro auftreiben. Hat Währungskommissar Joachin Almunia ein Nachsehen und lässt Deutschland bis 2007 Zeit, liegt der Sparbedarf bei jeweils 14,5 Milliarden in den beiden kommenden Jahren. "Die Erfinder des Stabilitätspakts werden selbst an ihm gemessen", hat Angela Merkel erkannt.

Merkel: "Das wird hart"

Peer Steinbrück könnte also wieder zum Rasenmäher greifen. "Die Methode war nicht falsch", ist ihm dazu nur zu entlocken. Bleibt noch die Frage nach der Justierung des Instruments: Werden die Staatshilfen um zwölf, 24 oder gar 30 Prozent gekappt? Dabei sprechen auch die Landesfürsten ein gewichtiges Wort mit. Einige haben bereits spezielle Vorlieben erkennen lassen. Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger möchte den "Häuslebauern" unter seinen Wählern nicht die komplette Streichung der Eigenheimlage zumuten. Sein niedersächsischer Kollege Christian Wulff hält an der Pendlerpauschale fest. Dafür werde es in den unionsregierten Flächenländern keine Zustimmung geben. Angela Merkel hat schon bemerkt: "Das wird hart."

Von Johannes Christ

Quelle: ntv.de

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