Besuch aus dem Westen Syrien im Wandel
24.02.2009, 19:07 UhrÜber Syrien ergießt sich in diesen Tagen eine Welle westlicher Besucher, wie sie das arabische Land seit Jahren nicht mehr erlebt hat. Das hat vor allem mit dem Wechsel im Weißen Haus zu tun, wo bis vor kurzem noch ein Präsident saß, der Syrien einen Stammplatz auf der von ihm erfundenen "Achse des Bösen" zugewiesen hatte.
Und auch in Syrien, dessen starres Regime rhetorisch noch tief im arabischen Nationalismus der 60er verwurzelt ist, bewegt sich etwas. Präsident Baschar al-Assad, der sich in den vergangenen Jahren eng an den Iran geschmiegt hatte, hat es offensichtlich satt, von seinen arabischen Brüdern als Vasall Teherans geschmäht zu werden. Assad schickte seinen Außenminister Walid al-Muallim nach Riad, um sich mit dem saudischen Herrscherhaus auszusöhnen, mit dem er zuletzt während der israelischen Offensive im Gazastreifen aneinandergeraten war.
Iran nicht amüsiert
Gleichzeitig reiste EU-Chefdiplomat Javier Solana zu einem zweitägigen Besuch nach Damaskus. Am vergangenen Samstag hatte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des US-Senats, John Kerry, Präsident Baschar al-Assad getroffen. Kerry versprach zwar nicht gleich die Aufhebung der von US-Präsident George W. Bush verhängten Wirtschaftssanktionen gegen Syrien. Doch zumindest die Entsendung eines neuen US-Botschafters nach Damaskus scheint in greifbare Nähe gerückt zu sein.
Schon im vergangenen September hatte sich Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy ins Flugzeug gesetzt, um Assad zu besuchen, der von Paris wegen der möglichen Verwicklung seines Regimes in das Attentat auf den früheren libanesischen Ministerpräsidenten Rafik Hariri zuvor gemieden worden war. Der Iran dürfte über die Annäherung Syriens an den Westen nicht amüsiert sein. Offene Kritik blieb jedoch bislang aus.
"Hab-ich-es-nicht-gleich-gesagt-Gefühl"
Die Syrer ihrerseits sind begeistert über das Tauwetter. Der Botschafter des einstigen Paria-Staates in Washington, Emad Mustafa, spricht von Gemeinsamkeiten zwischen Syrien und den USA, "die als Basis für eine künftige Zusammenarbeit dienen können". Im Gegensatz zu Ex-Präsident Bush habe der neue US-Präsident Barack Obama erkannt, dass es falsch sei, Syrien zu isolieren, lobt er. Syrien sei auf dem richtigen Kurs, heißt es aus Brüssel.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, der noch vor drei Jahren wegen seiner Kontakte zu Syrien Kritik aus dem Kanzleramt, aus Paris und aus Washington hatte einstecken müssen, beobachtet unterdessen mit einem "Hab-ich-es-nicht-gleich-gesagt-Gefühl", wie jetzt die westlichen Besucher nach Damaskus strömen.
Probleme bleiben
Doch die Kernprobleme im Verhältnis zwischen Syrien und dem Westen sind noch ungelöst. Zu diesen Problemen zählen Assads Zusammenarbeit mit der pro-iranischen Schiiten-Bewegung Hisbollah im Libanon, die einen Teil ihrer Waffen aus dem Iran via Syrien beziehen soll, seine Unterstützung für die Hamas und andere radikale Palästinensergruppen sowie die aus westlicher Sicht nicht immer konstruktive Rolle, die Syrien in der libanesischen Innenpolitik spielt.
"Abwarten, von den Syrern sind schon viele enttäuscht worden", warnt denn auch ein europäischer Diplomat. Und John Kerry blieb während seines Syrien-Besuches ebenfalls vorsichtig: "Die syrische Regierung muss jetzt erst einmal klar und deutlich erklären, was sie vorhat."
Quelle: ntv.de, Von Anne-Beatrice Clasmann, dpa