Dossier

Über Trauer und Wut reden Terroropfer aus aller Welt

Die Britin Rachel North war in London mit der U-Bahn auf dem Weg zur Arbeit. Der Jordanier Ashraf al-Khaled feierte in Amman ausgelassen seine Hochzeit. Die kleine Russin Saneta Sabanova freute sich in Beslan auf den ersten Schultag. Willkürliche Gewalt veränderte ihr Leben für immer: Sie alle wurden Opfer von Terroranschlägen. Auf Einladung von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon kamen 18 Opfer und deren Angehörige erstmals zu einer eintägigen Solidaritäts-Konferenz in New York zusammen - kurz vor dem Jahrestag der Terroranschläge auf das World Trade Center in New York am 11. September 2001. Sie alle sollten "den schmerzlichen Konsequenzen des Terrors ein Gesicht geben", wie Ban in seiner Eingangsrede sagte.

In bewegenden und teilweise erschütternden Reden sprachen Menschen aus allen fünf Kontinenten vor der internationalen Gemeinschaft von ihrer Trauer, Wut und ihren Ängsten. Obwohl die Ereignisse teilweise schon Jahre zurückliegen, fällt das vielen noch immer sichtlich schwer - wie beispielsweise dem Australier Ben Borgia. Er verlor seine Mutter und seine 13-jährige Schwester bei den Bombenanschlägen auf Bali vor sechs Jahren. Seine Verzweiflung spricht aus jedem Wort.

Auch der Jordanier Al-Khaled hat Entsetzliches erlebt. Er und seine Braut wurden verletzt, als mitten im November 2005 bei seiner Hochzeitsfeier in einem Luxushotel in Amman eine Bombe explodierte. 27 Gäste kamen bei dem Blutbad ums Leben, darunter auch sein Vater und die Eltern der Braut. An Rache denkt er jedoch nicht, stattdessen arbeitet er an einer Initiative mit, um die junge Generation in Jordanien gegen einen Einfluss von Terroristen zu wappnen.

Konkrete Vorschläge hat auch Ingrid Betancourt, die als prominentestes Terroropfer nach New York reiste. Die kolumbianisch- französische Politikerin war im Juli nach jahrelanger Geiselhaft aus den Händen der Guerillabewegung FARC befreit worden. Die zierliche 46-Jährige wird umlagert von Journalisten, gibt Interviews in fließendem Englisch, Französisch und Spanisch. Über ihre Erfahrungen im Dschungel will sie nicht mehr reden. "Das schmerzt zu sehr", sagte sie auf Fragen von Journalisten.

Stattdessen möchte sie am besten mit Unterstützung der Vereinten Nationen ein internationales Netzwerk aufbauen, zur finanziellen, gesundheitlichen und psychischen Unterstützung für die Opfer von Terror und ihrer Familien. "Sie müssen beschützt werden und eine Stimme in der Welt bekommen", sagte Betancourt. Terroropfer sollten einen eigenen Status bekommen. "Identität ist wichtig für die Opfer, sonst werden sie schnell vergessen." Sie stelle sich eine Webseite vor, die von den UN gepflegt werde, sagte die Politikerin.

Carla S. Reissman, dpa

Quelle: ntv.de

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