Hoffnung auf Wandel von Innen Tsvangirai wird Handlanger
01.02.2009, 15:50 UhrNach Jahren der Dauerkrise will die geschundene Bevölkerung in Simbabwe an nichts lieber glauben als einen Lichtschimmer am Ende des Tunnels. Wie an einen Strohhalm klammern sich die unter Hunger, Cholera, Terror, Schikane und Massenarmut ächzenden Simbabwer nun an die Hoffnung, dass das Leben unter der jetzt vereinbarten Koalitionsregierung endlich besser wird. Der monatelange Machtkampf zwischen Morgan Tsvangirais Bewegung für Demokratischen Wandel (MDC) und der ZANU(PF)-Partei von Präsident Robert Mugabe scheint vorerst beendet: Tsvangirai stimmte am 30. Januar einer Koalition mit Mugabe zu. Dies aber ist lediglich ein mit Risiken behaftetes Signal für eine mögliche Wende - mehr noch nicht.
"Es war letztlich der einzig mögliche Weg für Tsvangirai - aber es ist ein Weg voller Stolperfallen", meinte ein TV-Kommentator im benachbarten Südafrika. Dort hatten die Politiker des regionalen Staatenbundes SADC nur wenige Tage zuvor erneut klar gemacht, dass sie an Mugabe als Präsidenten festhalten und Tsvangirai in der Rolle dessen sehen, der sich bei den Verhandlungen bewegen muss. Ihm winkt nun die Vereidigung als Ministerpräsident - eine Funktion, die ihm quasi nur die Rolle eines Juniorpartners zubilligt.
Mugabe bleibt leitender Präsident
Mugabes Vize-Informationsminister Bright Matonga rückte die Dinge nach Tsvangirais Zusage ins rechte Licht. "Er wird kein leitender Ministerpräsident sein - wir haben einen leitenden Präsidenten in Simbabwe", meinte er. Mit anderen Worten: Der autokratische Langzeit-Präsident Mugabe bleibt an den Hebeln der Macht, Tsvangirai dagegen darf die Politik der Regierung ausformulieren und umsetzen.
Während interne Gegner Tsvangirai einen Ausverkauf der MDC-Interessen vorwerfen, sieht eine große Mehrheit offensichtlich die Chance für einen Regierungswandel von innen. Tsvangirais Ankündigung wurde spontan von mehreren hundert Menschen begeistert gefeiert. Denn die zermürbte und darbende Bevölkerung lechzt nach einem Signal, dass der Niedergang des einstigen Modellstaates endlich gestoppt wird. Die immer weiter um sich greifende Cholera-Epidemie mit über 3100 Toten und 60.000 Erkrankten ist nur ein Symptom der verheerenden Krise in einem Land, dessen Inflation im neunstelligen Prozentbetrag liegt.
Helfen oder nicht?
Der öffentliche Dienst ist wie die Industrie zusammengebrochen. Die meisten Simbabwer sind den ganzen Tag lang damit beschäftigt, ums nackte Überleben zu kämpfen. Dies wird vor allem durch Netzwerke gesichert, die Hilfe von im Ausland lebenden Verwandten oder Freunden kanalisieren. Der öffentliche Dienst ist längst kollabiert - viele Staatsdiener können sich nicht mal mehr die Fahrt zur Arbeit leisten. Schnelle internationale Hilfe für den Wiederaufbau wird wesentlich für einen möglichen Erfolg der Koalitionsregierung sein. Doch das Mugabe-Regime, das bisher von der Substanz gezehrt und damit eine humanitäre Katastrophe in Kauf genommen hat, gilt als diskreditiert.
Viele westliche Staaten haben ihre bereits vor der Finanzkrise gemachten Hilfszusagen an die Bedingung geknüpft, dass Mugabe nach seinem skrupellosen politischen Überlebenskampf das Ruder aus der Hand gibt. Sie sind skeptisch und wollen erst einmal sehen, ob und wie die Koalitionsregierung funktioniert. Zumal sie und nicht Mugabe in den Augen vieler Afrikaner als Schuldige gelten. Denn der hatte es bisher gut verstanden, ein latentes Misstrauen gegen Europa und die USA in Afrika rhetorisch als Deckung für eigenes Versagen zu nutzen. Genau diese Staaten werden aber nun zur Hilfe aufgerufen - und zwar zur raschen Hilfe, soll ein Ausbluten des Staates vermieden werden. Ein Dilemma, das auch auf US-Präsident Barack Obama zukommen wird.
Ralf E. Krüger, dpa
Quelle: ntv.de