Dossier

Bundeswehr fehlen Ärzte Üben für den Ernstfall

Etwa 580 Angehörige des Bundeswehr-Sanitätsdienstes sind ständig im Auslandseinsatz, darunter etwa 130 Ärzte. Darauf werden sie in Kliniken vorbereitet.

So gut wie nichts weist darauf hin, dass in dieser Klinik am Rande von Koblenz beim Afghanistan-Einsatz verletzte Soldaten liegen. Nach außen wirkt das Bundeswehrzentralkrankenhaus wie jede andere Klinik und keineswegs wie eine streng bewachte Kaserne. Der Großteil der Patienten ist sogar zivil. Doch in diesem Haus werden auch die vier Soldaten behandelt, die am Karfreitag bei stundenlangen Gefechten mit Taliban-Kämpfern verletzt wurden. Drei ihrer Kameraden starben in dem Kampf. Die Trauerfeier für die drei Fallschirmjäger am Freitag dürfte den Soldaten in Koblenz besonders nahe gehen.

Blick auf das Bundeswehrzentralkrankenhaus in Koblenz.

Blick auf das Bundeswehrzentralkrankenhaus in Koblenz.

(Foto: dpa)

Die vier verletzten Soldaten schweben nicht in Lebensgefahr. Doch zwei von ihnen sind noch immer auf der Intensivstation, auch wenn ihr Zustand stabil ist, wie Chefarzt Georg Mager bei einem Besuch der SPD-Bundestagsabgeordneten Rainer Arnold und Fritz Rudolf Körper berichtet. Immer wieder kamen in den vergangenen Jahren verletzte Soldaten nach Koblenz, bedingt vor allem durch die Nähe zum Militärflughafen in Köln. Die Behandlung der vier Soldaten zeige, wie wichtig der Sanitätsdienst sei, sagt der SPD-Verteidigungsexperte Arnold bei seinem Besuch in Koblenz.

Eine der zentralen Aufgaben des Dienstes besteht darin, die Ärzte der Bundeswehr auf Einsätze im Ausland vorzubereiten. Gerade dafür ist es erforderlich, dass die Kliniken der Bundeswehr wie in Koblenz für zivile Patienten offen sind. Nur so könne das gesamte Spektrum an Erkrankungen abgedeckt werden, erklärt Oberstabsarzt Moritz Henicker. Ziel sei es, den deutschen "Facharzt-Standard in den Auslandseinsatz mitzunehmen". Der SPD-Politiker Arnold spricht davon, dass die medizinische Abteilung etwa im afghanischen Kundus den Standard eines deutschen Kreiskrankenhauses habe.

Rund 580 Angehörige des Sanitätsdienstes sind nach dem letzten Jahresbericht des scheidenden Wehrbeauftragten Reinhold Robbe (SPD) ständig im Auslandseinsatz, darunter etwa 130 Ärzte. Darauf müssen sie in Krankenhäusern wie etwa in Koblenz vorbereitet werden. Die Klinik mit ihren knapp 1500 militärischen und zivilen Mitarbeitern bietet nahezu das komplette medizinische Leistungsspektrum an, lediglich Abteilungen für Kinderheilkunde und Gynäkologie fehlen. Dazu kommen spezielle Anforderungen wie die komplizierte Behandlung von Verletzungen nach Explosionen oder auch der Umgang mit psychischen Erkrankungen nach Auslandseinsätzen.

Mitarbeiter überlastet

Aufgaben und Herausforderungen sind also enorm. Umso schwerer wiegt der gravierende Ärztemangel im Sanitätsdienst. Robbe warnte in seinem im März vorgelegten Jahresbericht 2009, die Lage habe sich in den vergangenen Jahren insgesamt "dramatisch verschlechtert". Zunehmender Personalmangel und Arbeitsüberlastung kennzeichneten die Situation besonders in den Bundeswehrkrankenhäusern. Derzeit fehlen laut Robbe 600 Ärzte.

Auch der Koblenzer Chefarzt Mager will das Problem keinesfalls wegdiskutieren. Offen räumt er ein, dass in seiner Klink 18 Prozent der Facharzt-Posten nicht besetzt seien. Doch er betont auch, dass diese Größenordnung im Vergleich mit anderen Krankenhäusern noch eher günstig sei. Es gebe keine deutsche Klinik, in der alle Dienstposten besetzt seien. Die Bundeswehr muss also letztlich mit denselben Problemen wie das ganze Gesundheitssystem kämpfen und steht dabei im Wettbewerb mit der privaten Wirtschaft um die besten Kräfte.

Einen Nachwuchsmangel sieht Mager dabei trotz der wohl viele abschreckenden Möglichkeit von Auslandseinsätzen nicht: Die Bewerberzahlen für Studienplätze stiegen eher, sagt der Generalarzt. Das Problem sei vielmehr, den 40-jährigen ausgebildeten Facharzt zu halten. Doch bei allen Schwierigkeiten ist Mager eins ganz wichtig: Es gebe "absolut keine Gefahr", dass der Sanitätsdienst seine Aufgaben für die Auslandseinsätze der Bundeswehr nicht mehr wahrnehmen könne.

Quelle: ntv.de, Carsten Hauptmeier, AFP

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