Türke wird kein Kleingärtner Verein lehnt Ausländer ab
06.03.2006, 11:42 Uhr"Herzlich willkommen" begrüßt ein Schild die Besucher der Kleingartenanlage "Gartenfreude" in Atens bei Nordenham in Niedersachsen. Doch der kleine Traum vom großen Gärtnerglück im Grünen ist Cengiz Keles vorerst versagt geblieben. Der 28-jährige Türke möchte die Parzelle einer Rentnerin übernehmen, die das gepachtete Grundstück aus Altersgründen abgeben will. Beide waren sich auch schon einig - aber der Chef der Gartenfreunde ließ den Handel jetzt platzen: "Der Verein nimmt derzeit keine Ausländer mehr auf", sagt der erste Vorsitzende Joachim Krüger.
Als fremdenfeindlich versteht Krüger sein Verhalten nicht: "Wir sind ein ganz kleiner Verein und nicht ausländerfeindlich. Bei den Gemeinschaftsarbeiten sind wir aber auf die Hilfe aller angewiesen. Viele Ausländer wollen jedoch nur herkommen, eine Tasse Tee trinken und grillen. Ein paar kann man durchziehen, aber irgendwo ist Schluss." Der Verein könne durchaus Leute ablehnen, die "dort nicht hineinpassen", meint der 70-Jährige und verweist auf "schlechte Erfahrungen". So feierten außerdem Spätaussiedler oder Türken bei geselligen Anlässen nur selten mit, behauptet er. Diese Feste seien aber wichtig für die Finanzierung des Vereins.
Cengiz Keles würde eigentlich gern an diesen Veranstaltungen teilnehmen - wenn man ihn denn lässt: "Nur weil ich Ausländer bin, bekomme ich keine Parzelle? Ich bin in Deutschland geboren, mein Vater hat hier 35 Jahre in einem Betrieb gearbeitet", wundert er sich über die ablehnende Haltung des "Gartenfreude"-Vorstandes.
Der Bäcker erwägt jetzt rechtliche Schritte und sammelt Unterschriften gegen den Ausländer-Stopp. Das Echo ist zwiespältig: Einerseits bekommt Keles verärgerte Anrufe von Bürgern, die seinen Gang an die Öffentlichkeit verurteilen. Andererseits interessieren sich immer mehr Medien für den Fall, unter anderem eine türkische Zeitung. Auch Nordenhams Bürgermeister Georg Raffetseder (CDU) hat sich eingeschaltet: Den Vereinspflichten müsse jeder nachkommen, fordert er. Aber man dürfe niemanden im Vorfeld verdächtigen, gegen diese Pflichten zu verstoßen.
Der Kreisverband Wesermarsch der Kleingärtner in Nordenham befürchtet nun einen Imageverlust für Kleingartenanlagen und fordert ein klärendes Gespräch zwischen beiden Seiten: "Statt übereinander herzuziehen, sollte miteinander gesprochen werden." Auch der Landesverband der niedersächsischen Gartenfreunde hat eine klare Haltung: Religion oder Nationalität dürften keine Entscheidungsgrundlage für oder gegen eine Mitgliedschaft sein, sagt Schatzmeister Helmut Günther.
Dass das Zusammenleben unterschiedlicher Nationen in einer Kleingartenanlage funktionieren kann, beweisen andere niedersächsische Projekte. So gibt es in Diepholz eine Anlage, die zu 99 Prozent von Spätaussiedlern bewohnt wird. "Und mit ein wenig Kreativität lassen sich auch eventuelle Kommunikationsprobleme beseitigen", sagte Günther weiter. Ihm sei bekannt, dass sich nichtdeutsche Parzellenbesitzer oftmals ungern am geselligen Vereinsleben beteiligen.
Auch Gartenfreunde in Hannover zeigen, wie es gehen kann: Sie haben den Spieß einfach umgedreht und die internationalen Freunde gebeten, ein Vereinsfest nach deren Traditionen auszurichten. Die Stimmung auf der Party war nach Angaben von Teilnehmern großartig - und seitdem klappt's noch besser mit den Nachbarn.
(von Christiane Gläser und Hans-Christian Wöste, dpa)
Quelle: ntv.de