Dossier

Projekt bremst Jugendkriminalität Vergehen spürbar machen

Die Überwachungskamera am Eingang lässt bereits ahnen, dass die Gäste des Flachbaus in der Ludwigshafener Innenstadt nicht immer die pflegeleichtesten sind. Im Haus des Jugendrechts (JuReLu) kümmern sich Mitarbeiter von Jugendamt, Polizei, Staatsanwaltschaft und einem Verein für Straffälligenhilfe gemeinsam unter einem Dach um Jugendliche, die eine Straftat begangen haben - bundesweit gibt es nur wenige vergleichbare Projekte, etwa in Stuttgart. Der Gedanke dahinter: Jugendliche sollen dank strafferer Abläufe möglichst schnell die Folgen eines Vergehens spüren - davon erhoffen sich die Beteiligten einen größeren erzieherischen Effekt.

Was vor gut zwei Jahren als Modellprojekt begann, hat sich nach Einschätzung aller beteiligten Behörden bewährt. "Mehr als 80 Prozent der Jugendlichen tauchen hier nur ein Mal auf", sagt die Ludwigshafener Jugenddezernentin Cornelia Reifenberg. Im Idealfall läuft es in der Einrichtung so: Wird zum Beispiel eine Ladendiebin erwischt, kommt sie mit ins JuReLu. Dort sprechen sich der zuständige Polizist und ein Staatsanwalt gleich ab, wie es mit der Jugendlichen weitergeht - bei Bedarf sitzen auch das Jugendamt und die Straffälligenhilfe mit am Tisch. Im Idealfall weiß die Täterin schon, wenn sie bei ihren Eltern abgeliefert wird, welche Strafe auf sie zukommt - etwa gemeinnützige Arbeit.

Häufiger gemeldet

Wohlgemerkt, das ist der Idealfall. "Der Idealfall ist natürlich nicht die Regel", sagt der Leiter der für das JuReLu zuständigen Staatsanwaltschaft Frankenthal, Lothar Liebig. Das Problem: Die Zahl der von Jugendlichen begangenen und registrierten Straftaten ist im zurückliegenden Jahr in Ludwigshafen spürbar angestiegen - von knapp 3300 im Vorjahr auf geschätzte 3500 im Jahr 2007. Das bedeute nicht, dass die Jugendkriminalität angestiegen sei, sagt der Leiter der örtlichen Polizeidirektion, Bernd Römer. Er führt das Plus darauf zurück, dass durch den engeren Kontakt mit Schulen und der öffentlich bekannten Anlaufstelle JuReLu einfach mehr Vergehen gemeldet würden.

Nicht jeder Jugendliche, der sich in Ludwigshafen etwas hat zuschulden kommen lassen, landet im JuReLu: Kapitalverbrechen wie Mord und Totschlag, aber zum Beispiel auch größere Drogenvergehen und Sexualdelikte werden bei den entsprechenden Spezialabteilungen von Polizei und Staatsanwaltschaft bearbeitet. Wer das JuReLu durchläuft, landet in den seltensten Fällen vor Gericht. In mehr als 80 Prozent der Verfahren kommt es nicht zur Anklage. Die Sache wird stattdessen durch gemeinnützige Arbeit, eine Wiedergutmachung am Opfer oder Ähnliches geregelt und das Verfahren dann eingestellt.

Auch nach Einschätzung des rheinland-pfälzischen Justizministeriums hat sich das JuReLu bewährt. Die Eröffnung einer ähnlichen Einrichtung in der Landeshauptstadt Mainz steht bevor, für andere größere Städte im Land gebe es Überlegungen. Eine Sprecherin des Ministeriums sagt, derartige Einrichtungen könnten helfen, "eine kriminelle Karriere am Anfang zu stoppen".

Von Marc Strehler, dpa



Quelle: ntv.de

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