Dossier

In 70 Tagen wählt das Saarland Verwischte Farbenlehre

Oskar Lafontaine (links) und der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) sind nur einige Akteure im Farbenpoker um das Saarland.

Oskar Lafontaine (links) und der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) sind nur einige Akteure im Farbenpoker um das Saarland.

(Foto: dpa)

In gut 70 Tagen wählen die Saarländer ein neues Landesparlament. Und nicht nur Journalisten, auch die Strategen in den Berliner Parteizentralen blicken mit wachsender Spannung an die Saar; denn genau vier Wochen vor der Bundestagswahl könnte jedes mögliche Ergebnis die heiße Phase im Bund mitbestimmen. Das liegt vor allem an der Kandidatur von Oskar Lafontaine, der als Ex-SPD-Chef und Ministerpräsident nun als Vorsitzender und Spitzenkandidat der Linkspartei in seiner Heimat noch einmal in den Wahlkampf zieht.

Vor allem aus dieser Personalie erhält die Linke die Kraft, die der Wahl ihren ganz eigenen Stempel aufdrücken wird. Die Hoffnung, dass der seit 1999 alleinregierende CDU-Ministerpräsident Peter Müller seine absolute Mehrheit noch einmal verteidigen kann, hat die Union längst aufgegeben. Die wichtigsten Fragen vor dem 30. August: Wer kann mit wem nach der Wahl regieren? Schafft die Linke ihr Ziel von "20-Prozent-plus-X"? Und vor allem: Kommen die Grünen rein?

Während gerade außerhalb des kleinen Landes nicht wenige darauf setzen, dass es zur ersten rot-roten Koalition in einem westdeutschen Bundesland kommen könnte, hat die Opposition eine andere Variante auf der Rechnung: Die Ampel. Der kleinste gemeinsame Nenner von SPD, Grünen und FDP ist der Machtwechsel und das mag der Kitt sein, der ein Bündnis zusammenhalten könnte. "Das ist durchaus möglich, dass es dafür reichen könnte", sagt Grünen-Landeschef Hubert Ulrich. Eine Koalitionsaussage will die Partei aber dennoch nicht machen.

Ampel als Erleichterung

Die FDP will sich erst eine Woche vor der Wahl zu möglichen Partnern äußern - und möglicherweise auch dann für alles offen bleiben. Für die SPD wäre die Ampel eine Erleichterung. Denn die Linke ist gerade an der Saar "Fleisch vom eigenen Fleisch" der SPD. Und auch SPD-Spitzenkandidat Heiko Maas weiß, dass eine rot-rote Koalition für viele Genossen demütigend wäre und die Mehrheit der Wähler laut Umfragen nichts von einem solchen Experiment hält. Auch daran, dass die Linke regierungsfähig ist, zweifeln etliche Sozialdemokraten.

Von Anfang an müsste eine rot-rote Regierung "unter Feuer" verlässlich arbeiten. Mit einer knappen Mehrheit und Lafontaine im Rücken ein Alptraum für die SPD. "Was nützt es, wenn uns der Laden dann nach ein paar Monaten um die Ohren fliegt", sagt ein Funktionär und steht nicht alleine. Auch wenn es viele gibt, die einem Bündnis vor allem aus inhaltlichen Gründen gerne zustimmen würden. Doch bräuchte Rot-Rot in einem Fünf-Parteien-Parlament einen Partner.

Das könnten nur die Grünen sein. Die Aussicht mit SPD und Linken regieren zu können, löst in der Führung aber nur bedingt Begeisterung aus, auch wenn die mögliche Rolle des "Züngleins an der Waage" Ulrich durchaus Freude macht. Die Angst ist groß, zwischen den "Roten" zerrieben zu werden. "Und für ein Ministerium werden wir uns nicht verkaufen", sagt eine Führungskraft. Schon die nächste Landtagswahl im Blick, werde man im Zweifel lieber wieder in die Opposition gehen.

Rot-rot-grün ist unwahrscheinlich

Denn auch die Grünen haben mit der Linken ihre Erfahrungen gemacht und mussten etwa eine Landtagsabgeordnete ins Lafontaines-Lager ziehen sehen. Zumindest bei einem Teil der Grünen ist man sicher: "Rot-rot-grün ist die unwahrscheinlichste Variante". Bislang aber gibt es laut Umfragen für die Ampel keine Mehrheit. Auch ohne Ampel gäbe es noch Möglichkeiten: schwarz-gelb-grün oder die ungeliebte große Koalition.

Nur wenig entspannter als die Herausforderer kann die CDU auf die Farbenspiele blicken. Eine strategische Mehrheit wünscht Müller sich, eine, gegen die keine Regierung gebildet werden kann. Von dieser Position aus will die Union dann eine bürgerliche Mehrheit führen. Doch Müllers Schwierigkeiten sind vor allem menschlicher Natur: Das Verhältnis zur FDP und ihrer Führung gilt als ziemlich schlecht und auch über die Grünen wird bei der Union nur selten Gutes gesagt.

Dennoch setzt Müller alle Energie in einen Lagerwahlkampf und warnt vor der "Rot-Roten-Gefahr". Fragen zu einer möglichen großen Koalition weicht der Ministerpräsident aus, mit dem Hinweis, dass die SPD das gar nicht ernsthaft erwäge. Dass Müller diese Variante dennoch nicht klar ausschließe, zeige, dass es "gar kein echter Lagerwahlkampf" sei, sagt FDP-Chef Christoph Hartmann und fügt süffisant hinzu: "Das soll einer verstehen. Ich tue es nicht."

Quelle: ntv.de, Sebastian Raabe, dpa

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