"Wir betteln um Hilfe" Vielen Irak-Veteranen droht Pleite
04.07.2007, 12:49 UhrDave Krasner ist 35, hat vier Kinder und steht nach einem Einsatz im Irak vor den Trümmern seiner Existenz. Einen Großteil der Jahre 2004 und 2005 verbrachte der Reservist der Nationalgarde im Krieg, während zu Hause in Boston seiner kleinen IT-Beratungsfirma die Kunden davonliefen. Jetzt kämpft er verzweifelt um das Überleben seines hoch verschuldeten Unternehmens, doch es sieht schlecht aus. Seine Kreditwürdigkeit sei dahin, Banken ließen ihn abblitzen, und auch der Staat, dem er diente, springe nicht ein, sagt Krasner. "Ich liebe mein Land. Aber was soll ich jetzt tun?"
Diese Frage stellen sich immer mehr Kleinunternehmer, die in den Krieg ziehen mussten. Etwa 66.000 der 1,1 Millionen Reservisten sind im zivilen Leben selbstständig. Egal ob Handwerker, Buchhalter, Gemüsehändler, Arzt oder Anwalt: "So gut wie jeden, der selbstständig ist, trifft es hart, wenn er einberufen wird", sagt der Veteranen-Lobbyist Peter Duffy. Hilfestellung bietet der Staat kaum, wenn die Unternehmer nach vielen Monaten im Einsatz ihr Geschäft wieder in Gang bringen wollen. Angestellte in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst haben in der Regel gesetzlichen Anspruch auf ihren Arbeitsplatz. Für Selbstständige gibt es solche Garantien nicht.
Zwar hat die Regierung 1999 für Veteranen, Reservisten und deren Angehörige ein so genanntes Katastrophen-Darlehen ins Leben gerufen. Doch davon macht nur ein Bruchteil Gebrauch. Zu hohe Rückzahlungszinsen ließen viele vor einem Antrag abschrecken. Andere wiederum wissen gar nicht, dass es das Programm gibt. Zwischen August 2001 und März dieses Jahres genehmigte die zuständige Behörde, die Small Business Administration (SBA), 271 solcher Kredite - das waren 60 Prozent der eingereichten Anträge.
Kritiker geben der Regierung die Schuld an der geringen Quote. Sie habe nicht ausreichend über das Notfall-Programm informiert und viel zu hohe Hürden angesetzt. Jetzt, im anlaufenden US-Präsidentschaftswahlkampf, hat die Opposition das Thema für sich erkannt. "Wenn ein Reservist seine Firma schließen muss, weil seine Kreditwürdigkeit nach unten ging, als er im Irak diente, hält Washington sein Versprechen gegenüber den Veteranen nicht", schimpft John Kerry, Senator aus dem Bundesstaat Massachusetts und 2004 gescheiterter Präsidentschaftskandidat der Demokraten.
Als Vorsitzender des Senatsausschusses für Kleinunternehmer will Kerry die Darlehensbedingungen für seine Schützlinge rundum verbessern. Dazu sollen die Gesetze angepasst werden, denn genau hier hakt es nach Auffassung des Vietnam-Veteranen. Betroffene, mit denen Kerry sich beraten hat, sehen das ähnlich. "Da draußen gibt es eine Menge 'Unterstützt die Truppe'-Gerede. Aber was bedeutet das wirklich?" fragt Mark Aldrich. Nach 16 Monaten im Irak kehrte der Reserve-Offizier im Oktober 2005 zurück. Die kleine Marketing-Firma, die er kurz vor Beginn seines Einsatzes gegründet hatte, stand vor dem Aus. Also sei er Klinkenputzen gegangen, und alles schien auf die staatliche Förderanstalt SBA hinauszulaufen. "Aber die konnten mir nicht wirklich etwas anbieten", klagt der zweifache Vater.
Kein Wunder also, dass Kerry immer mehr Post von enttäuschten Veteranen bekommt, die sich im Stich gelassen fühlen. Sie alle hoffen, dass der Kongress und Präsident George W. Bush schnellstmöglich grünes Licht für mehr staatliche Unterstützung geben. Auch Krasner schrieb an Kerry: "Wir betteln um Hilfe." Seinen Kindern wagt er indes nicht, reinen Wein einzuschenken. "Für sie bin ich ein Held."
Thomas, Reuters
Quelle: ntv.de