Dossier

SPD im "Ländle" schwach Vogt ohne klaren Kurs

Bei der SPD in Baden-Württemberg brodelt es. Die Partei ist nicht eben vom Erfolg verwöhnt: Seit Jahrzehnten holen die Genossen zwischen Main und Bodensee bei Landtagswahlen im Schnitt gerade ein Drittel der Wählerstimmen. Bei Bundestagswahlen ist der Anteil kaum höher. Aber seit März 2006 ist die Not der Daueroppositionspartei besonders groß. Landesvorsitzende Ute Vogt - einst strahlende Hoffnungsträgerin - holte bei der Landtagswahl gerade mal 25,2 Prozent. Und es wurde noch schlimmer: Ende Juli sahen die Meinungsforscher von Forsa die Südwest-SPD bei 19 Prozent.

Zwar stehen die nächsten Wahlen in Gemeinden und Kreisen sowie zum Bundestag erst 2009 an und für das Landesparlament erst 2011. Aber immer stärker werden im "Ländle" die Führungsqualitäten der Partei- und Fraktionschefin angezweifelt. Mehrere Abgeordnete verlangen von der 42-Jährigen, sich zur eigenen politischen Zukunft zu äußern. Derzeit zettelt aber noch niemand einen offenen Machtkampf an, zumal weit und breit keine Alternative sichtbar ist. Auch der hoch angesehene Ulmer SPD-Oberbürgermeister Ivo Gönner weist bisher jegliche weitergehende Ambitionen weit von sich.

Richtungsweisender Landesparteitag mit hoher Messlatte

Als entscheidendes Datum gilt in der Partei zunehmend der Landesparteitag am 21./22. September, wenn die Delegierten die Parteispitze für die nächsten beiden Jahre wählen. Mangels Herausforderer konzentriert sich das Interesse nicht darauf, ob Vogt wiedergewählt wird, sondern wie. Ihr Generalsekretär Jörg Tauss hat dazu bereits den Erwartungshorizont aufgespannt: "Ein deutliches Ergebnis von 75 Prozent plus x ist unabdingbar. Unter 80 Prozent hielte ich persönlich für problematisch."

Das wird von manchem Genossen schon als strategischer Fehler angesehen. Tauss habe die Messlatte zu hoch gelegt und damit die Grundlage für einen weiteren Misserfolg bereitet. Schon wird darüber spekuliert, ob Vogt beim Parteitag das Handtuch wirft. Die einstige Staatssekretärin im Bundesinnenministerium gibt sich aber kämpferisch: "Ich kandidiere im September wieder als Landesvorsitzende." Ihr Rücktritt würde die Probleme der Partei nicht lösen.

Krise aussitzen?

Aber es fällt der Juristin zunehmend schwer, die Genossen für sich einzunehmen. Selbst die Fehler des nicht immer glücklich agierenden Ministerpräsidenten Günther Oettinger (CDU) konnte sie für sich nicht nutzen. Und vor wenigen Wochen scheiterte Vogt auch noch mit einer Klage vor dem Staatsgerichtshof, mit der sie im Landtag einen Untersuchungsausschuss durchsetzen wollte. Das Gremium hätte die umstrittenen Regierungspläne für den Verkauf badischer Kunstschätze untersuchen sollen. Das Kabinett habe aber noch keine Beschlüsse gefasst; mithin gebe es vom Parlament nichts zu untersuchen, beschieden die Richter knapp.

Auch im Kreis der 38 SPD-Landtagsabgeordneten mehren sich die Stimmen, die von ihrer Spitzenfrau möglichst früh wissen wollen, ob sie den Chefposten weiter besetzen will. Sie hatte sich das Amt nach dem katastrophalen Wahlausgang 2006 mit harter Hand gesichert und den beliebten langjährigen Fraktionschef Wolfgang Drexler mit dem Posten eines Landtags-Vizepräsidenten abgefunden. Mit dem Verbleib an der Fraktionsspitze wäre auch eine frühe Festlegung auf eine weitere Spitzenkandidatur im Jahr 2011 verbunden. Dies will Vogt aber derzeit offen lassen.

Damit nährt sie Spekulationen, sie wolle die Krise aussitzen. Und schon machen erste Überlegungen die Runde, Vogt könnte den Landesvorsitz nur mit einer Aufgabe der Fraktionsführung erhalten und sich möglicherweise wieder in den Bundestag wählen lassen.

Von Edgar Neumann, dpa

Quelle: ntv.de

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