Bronislaw Komorowski Vom Radikalen zum Konsenspolitiker
03.07.2010, 13:24 Uhr
		                      Komorowski hat nach der ersten Runde der Präsidentenwahl die meisten Stimmen erhalten.
(Foto: REUTERS)
Komorowski begann seine politische Karriere als radikaler Antikommunist und ist heute ein in Polen hoch geschätzter Politiker des Konsens. Jetzt strebt er das Präsidentenamt an.
Auf der politischen Bühne wirkt Bronislaw Komorowski eher blass. Trotz oder gerade wegen seiner zurückhaltenden Art als Politiker des Konsens trauen ihm viele Polen das höchste Amt im Staate zu. In der ersten Runde der Präsidentschaftswahl am 21. Juni erhielt Komorowski die meisten Stimmen, muss sich am 4. Juli aber einem Duell mit Jaroslaw Kaczynski stellen, dem Zwillingsbruder des bei einem Flugzeugabsturz im russischen Smolensk ums Leben gekommenen Staatschefs Lech Kaczynski. Während Kaczynski der Kandidat der konservativen, erzkatholischen und nationalistischen Klientel ist, steht Komorowski für das liberale, pro-europäische Polen.
"Ich habe alles über Gummiknüppel der Polizei gelernt"
Komorowski stammt aus einer Adelsfamilie. Der studierte Historiker ist verheiratet und Vater von fünf Kindern. Während der kommunistischen Herrschaft in Polen unterstützte er die Opposition, was ihm nach Verhängung des Kriegsrechts im Dezember 1981 eine Gefängnisstrafe einbrachte. Schon in seinen Jugendtagen hatte er gegen die Staatsführung gekämpft. "Ich war ein Radikaler", sagte der Liberale erst kürzlich über seine Zeit als Anti-Kommunist. "Ich habe alles gelernt über die Gummiknüppel der Polizei und deren Einsatz."
Mit der Auflösung des sogenannten Ostblocks und dem Zerfall der Sowjetunion schlug Komorowski einen moderaten Weg ein. Nach den ersten freien Wahlen im Juni 1989 wurde er Berater des ersten nicht-kommunistischen Ministerpräsidenten Tadeusz Mazowiecki. Seit 1991 ist er Abgeordneter. In den 90er Jahren war er in drei Regierungen Vize-Verteidigungsminister, dann rückte er an die Spitze des Ministeriums auf. Zum Präsidenten des polnischen Unterhauses wurde er 2007 gewählt, nachdem die Bürgerplattform (PO) des amtierenden Regierungschefs Donald Tusk bei den Parlamentswahlen über Kaczynskis Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) triumphierte. Tusk und Komorowski gelten als enge Verbündete.
Plötzlich an der Spitze des Staates
Es stand schnell fest, dass der Liberale sich um das Präsidentenamt bewirbt - denn er hatte Lech Kaczynski auch bei den eigentlich für den Herbst geplanten Wahlen für das Regierungsbündnis in Warschau herausfordern sollen. Nach der Tragödie von Smolensk fand er sich plötzlich an der Spitze des polnischen Staates wieder: Als Parlamentspräsident rückte er wie in der Verfassung vorgesehen zum Übergangspräsidenten auf. Bei der Stichwahl will er nun zum offiziellen Nachfolger des verunglückten Präsidenten gewählt werden.
Quelle: ntv.de, Stanislaw Waszak, AFP