Dossier

Grönland, Katar, Angola WM-Exoten wollen kämpfen

Sie haben keine Chance, aber die wollen sie nutzen. Als krasse Außenseiter können die WM-Exoten Grönland, Katar, Australien und Angola bei der Handball-Weltmeisterschaft eigentlich nur gewinnen: Sympathie, Erfahrung und Respekt. Mit sportlichen Erfolgen ist dagegen eher nicht zu rechnen.

"Wenn uns in unseren Gruppenspielen ein Sieg gelänge, wäre das wie für Deutschland der WM-Titel", sagt Grönlands deutschstämmiger Rückraumstar Hans-Peter Motzfeldt-Kyed, der mit seinem Team auf den WM-Vierten Tunesien, Slowenien als Vize-Europameister von 2004 und Asienmeister Kuwait trifft. Vor allem aber will das Handball-Entwicklungsland bei seiner dritten WM-Teilnahme einen weiteren Schritt nach vorn machen und die riesige Kluft zu den Top-Nationen wieder ein wenig verkleinern.

Bedenkt man, dass der grönländische Handball-Verband GHF erst 1974 gegründet und die Nationalmannschaft vor gerade mal 10 Jahren aus der Taufe gehoben wurde, so haben die Nordländer seither schon viel erreicht. Gleich bei seiner WM-Premiere 2001 (20. Platz) feierte das Team der Inuit einen sensationellen 26:18-Sieg gegen die Auswahl der USA. Zwei Jahre später (24. Platz) gelang mit der respektablen 20:34-Niederlage gegen Deutschland ein weiterer Achtungserfolg.

"Wir sehen uns eigentlich schon als feste Größe", meint Motzfeldt, für den die verpasste Qualifikation 2005 nicht mehr als ein Ausrutscher war. Diesmal erreichte man die Endrunde denkbar knapp durch ein 30:29 gegen die USA im Spiel um Platz drei bei der Pan-Amerika-Meisterschaft. Sehr zur Freude des Grönland-Fanklubs aus dem mittelhessischen Langgöns, der zur Unterstützung seiner "Eisjungs" die Spiele in Wetzlar verfolgen wird. "Wir haben uns schon eine grönländische Fahne und einen Eisbären organisiert", erklärt Sascha Rühl, eines von 19 Klubmitgliedern.

Einen eigenen Fanklub hat das Team aus Katar in Deutschland nicht zu bieten, dafür aber ebenfalls die Referenz zweier vorheriger WM-Teilnahmen. Beim Debüt 2003 gelang der Mannschaft von der arabischen Halbinsel sogar der Sprung in die Hauptrunde, wo man allerdings nur den 16. (und damit letzten) Platz belegte. Immerhin sorgt der Reichtum des Landes am Persischen Golf für exzellente Trainingsbedingungen -unter anderem im Aspire Dome von Doha, der größten Sporthalle der Welt. Dem Fortschritt in Sachen Handball steht in Katar also nichts im Wege.

Etwas schwerer hat es da schon die Auswahl Angolas. Das bis 2002 von einem jahrzehntelangen Bürgerkrieg geschundene Land im Südwesten Afrikas findet erst langsam in die Normalität zurück - ein Grund dafür, dass für die besten Handballer des Landes ein Engagement im Ausland das höchste Ziel darstellt. Nur wenige wie Rückraumspieler Manuel Dias vom französischen Zweitligisten Livry-Villepinte 93 haben es geschafft. Für viele andere ist die WM in Deutschland die Bühne, auf der sie sich für europäische Klubs empfehlen können.

Der lange Weg nach Europa ist oft auch für die australischen Spieler die einzige Chance, denn ein regelmäßiger Spielbetrieb existiert in "Down under" nicht. Dort führt der Handball ein eher kümmerliches Dasein im Schatten der großen Sportarten Rugby, Cricket und Fußball. Die Kosten für die Anreise zur WM mussten die Spieler teilweise sogar selbst tragen. Kein Wunder, dass die Mannschaft nicht nur als Punktelieferant auftreten will, wie Teamkapitän Lee Schofield betont: "Wir wollen uns teuer verkaufen und mindestens einen Sieg holen. Alles andere wäre eine Enttäuschung."

Oliver Görz, sid

Quelle: ntv.de

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