Dossier

Tempo 574,8 Weltrekord für neuen TGV

von n-tv Korrespondent Peter Heusch, Paris

Es ist ein Weltrekord, der das Vorstellungsvermögen sprengt: Exakt 574,8 Stundenkilometer erreichte ein französischer TGV-Schienenblitz auf der erst vor zwei Wochen in Dienst gestellten Hochgeschwindigkeitsstrecke Paris-Straßburg.

Die Feststellung, dass dieser TGV (Train Grande Vitesse) der neuesten Generation "schnell fahre", ist eine Untertreibung. Eher kann man wohl von "tief fliegen" sprechen. Wobei nur Düsenjets solche Geschwindigkeiten erreichen (und übertreffen), nicht aber Propellerflugzeuge. Wie ein Pilot und nicht wie ein Lokführer kam sich auch Eric Pieczac vor, der im Führerstand des Rekordzugs saß.

Schon auf den vorausgegangenen Versuchsfahrten, bei denen Geschwindigkeiten von über 550 Stundenkilometern erzielt wurden, hatte der 46-jährige Eisenbahner "ein Oha-Erlebnis nach dem anderen. Ab 500 Sachen fliegt die Landschaft so schnell vorbei, dass man kein Detail mehr unterscheiden kann. Außer verwischten Schemen sieht man rein gar nichts!" Freilich, so die strikte Anweisung, durfte Pieczac die Instrumente der Armaturentafel ohnehin keine Sekunde aus den Augen lassen.

"V 150" hat Hersteller Alstom seinen Rekordzug getauft; die Abkürzung steht für 150 Meter pro Sekunde. Allerdings unterscheidet sich das Geschoss vom späteren Serienmodell des Typs "AGV". Zwei Lokomotiven, die lediglich drei doppelstöckige Wagons mitführten, waren auf jeweils 25.000 PS getunt worden. Der gesamte Zug verfügt über größere Räder als ein normaler TGV. Solche Maßnahmen waren unumgänglich, um den bisherigen Rekord für schienengebundene Fahrzeuge zu brechen. Auch dieser ist beziehungsweise war französisch und wurde mit einem TGV am 18. Mai 1990 mit 513 Stundenkilometern aufgestellt.

Insgeheim hatten die Alstom-Ingenieure sogar gehofft, dass ihr V 150 den vier Jahre alten Rekord von 581 km/h brechen könnte, den Japan mit seiner in einer völlig anderen Kategorie antretenden Magnetschwebebahn Maglev aufstellte. Übrigens hat die französische Staatseisenbahn SNCF ihr Scherflein zu diesem Erfolg beigetragen. Auf ihrer neuen Hochgeschwindigkeitsstrecke, die ab dem 10. Juni die Fahrzeit von Paris nach Frankfurt am Main von sechs auf vier Stunden verkürzt, wurden die Gleise in den Kurven zusätzlich befestigt und die Spannung in der Oberleitung kurzfristig von 25.000 auf 31.000 Volt erhöht.

Natürlich freut man sich bei Alstom nun über einen weiteren Eintrag in das Guinness-Buch der Rekorde. Doch vor allem ging es darum, potentielle Kunden zu beeindrucken. Allein die SNCF, die bislang alle Hochgeschwindigkeitszüge bei Alstom bestellte, muss ab 2012 schrittweise ihre 465 Einheiten umfassende TGV-Flotte erneuern. Noch vor Ende des Jahres will der Staatsbetrieb das enorme Auftragsvolumen - es liegt zwischen sieben und neun Milliarden Euro - weltweit ausschreiben. Als schärfster Konkurrent für den AGV Alstoms gilt dabei die neue ICE-Generation "Velaro" von Siemens.

Quelle: ntv.de

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