Jugendtraum erfüllt Weltumrundung auf der BMW
09.06.2007, 13:18 UhrDen Ruhestand verbringen die Menschen auf unterschiedlichste Weise: Manche kaufen ein Haus in der Toskana, andere gehen jeden Tag Golf spielen oder entspannen sich im Schwimmbad mit einem kühlen Gin-Tonic an ihrer Seite. Für Dankmar Hugo Scheuchl war die Rente der Startschuss zum Abenteuer seines Lebens. Mit wenig mehr als seinem vertrauenswürdigen Motorrad, einer BMW R1000, sowie Hundert Kilogramm Wäsche und Vorräten brach er zu einer Tour rund um den Globus auf. Sie führte ihn in die kriegsverwüsteten Berge Afghanistans, durch Kalkuttas belebte Straßen, ins australische Hinterland und in die weiten Savannen Afrikas.
Der Bayer aus Erding war 66 Jahre alt, als er losfuhr. "Meine Familie war reichlich verdutzt, als ich ihr von meinen Plänen erzählte", sagt Scheuchl. "Am Anfang dachten die, ich sei verrückt geworden." Der 68-Jährige sitzt in einer Herberge in der kenianischen Hauptstadt Nairobi und kann es kaum erwarten, wieder auf die Straße zu kommen. Er weiß nicht genau, wie viele Länder er bereist hat, seit er seine Heimat verließ, aber er schätzt, dass es etwa 28 gewesen sind. Und auf dem Rückweg nach Europa werden es noch mehr werden.
Er hat schon immer von dieser Reise geträumt, aber als er vor 43 Jahren den ersten Anlauf nahm, musste er den Trip abbrechen. Bis Nepal schafften es der damals 25-jährige Scheuchl und ein Freund, aber ihnen gingen das Geld und die Zeit aus. So verkauften sie ihre Fahrzeuge und fuhren mit dem Zug nach Deutschland zurück.
Nach einem Arbeitsleben als Software-Entwickler hat Scheuchl nun genug Geld und alle Zeit der Welt, seine Weltumrundung zu vollenden. "Es war mir im Grunde egal, durch wie viele Länder ich reisen würde, aber ich wollte 40 Jahre später dieselbe Route fortsetzen", sagt er. Und das bedeutete, dass er Afghanistan durchqueren musste.
"Das ist eine zerstörte Gesellschaft", sagt der grauhaarige Scheuchl. Zahlreiche Militärsperren musste er passieren und bemerkte, wie sehr sich das Land seit seinem letzten Besuch zurückentwickelt hatte: "Viele Menschen haben nie eine Schule von innen gesehen. Die Familien-und Clanstrukturen sind zerstört, und die Leute haben überhaupt keinen Halt mehr." Er sagt, er bedaure es nicht, durch Kandahar, Kabul und weite Teile des instabilen Landes gefahren zu sein. Aber er würde niemandem raten, sich da durchzuschlagen.
Afghanistan war der Tiefpunkt seiner Reise, aber meistens war Scheuchls Fahrt durch Osteuropa, Asien, Australien, Südamerika und Afrika erbaulicher. "Ich konnte mit eigenen Augen sehen, wie sehr sich diese Welt verändert hat", sagt er. "Die Volkswirtschaften haben sich entwickelt, aber mit schrecklichen Auswirkungen auf die Umwelt."
Sein größtes Abenteuer musste er in Kapstadt in Südafrika bestehen. Er wusste nicht viel über die Sicherheitslage in dem Land, das eine der höchsten Verbrechensraten der Welt aufweist. Als er eines Abends nach Einbruch der Dunkelheit spazieren ging, wurde er von zwei Männern angegriffen. "Sie wollten mich ausrauben, aber ich habe mich gewehrt", beschreibt er seinen Kampf auf der Straße. Die Räuber mussten sich ohne Beute davonstehlen: "Ein Schlag ins Gesicht -das ist alles, was sie bekommen haben."
Nach 22 Monaten auf der Straße stoppte ein Baumstumpf Scheuchls Tour. Auf dem Weg von Nairobi nach Äthiopien blieb sein Motorrad liegen, und auch eine Woche später hat er es nicht reparieren können. Aber er lächelt, während er darauf wartet, seine Reise nach so vielen Jahren abschließen zu können. Er freue sich auf den Ritt durch den Nahen Osten, sagt er.
Sein Ratschlag an Altersgenossen, die mit einer ähnlich exotischen Erfahrung liebäugeln, lautet: "Mach es einfach. Sobald dir nur der Gedanke in den Kopf schießt, du seiest zu alt, bist du auch schon zu alt", sagt er und hilft einem Mechaniker, eine Schraube am Motor seiner Maschine festzuziehen. "Ich werde mich nie damit abfinden, irgendwo festzusitzen."
Tia Goldenberg, dpa
Quelle: ntv.de