Dossier

Eine bunte und bizarre Kandidatenliste Wer bekommt den Friedensnobelpreis?

Sie sind vorgeschlagen worden: Bono, Kohl und Berlusconi.

Sie sind vorgeschlagen worden: Bono, Kohl und Berlusconi.

Rockstar Bono steht darauf, die EU, und Altkanzler Helmut Kohl ebenso wie der lange inhaftierte israelische "Atomspion" Mordechai Vanunu sowie etwas überraschend Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi. Die Kandidatenliste für den diesjährigen Friedensnobelpreis ist mit 205 Namen lang wie nie zuvor, aber auch bunt bis bizarr. Das norwegische Komitee gibt den oder die Preisträger am Freitag in Oslo bekannt und scheint sich unsicher: "Wir haben noch zwei Sitzungen bis zur Entscheidung vor uns", verriet Geir Lundestad, Chef des Nobelinstitutes, am Wochenende der Nachrichtenagentur NTB.

Neben weltberühmten Namen finden sich auf der Liste Namen, die man noch nicht oft auf Titelseiten gesehen hat: Der von Sima Samar, Vorsitzende der Menschenrechtskommission in Afghanistan, gehört zu ihnen. Im letzten Jahr hatten die drei Frauen und zwei Männer im Osloer Komitee nach eigener Aussage "überhaupt keine Probleme", sich auf Finnlands Ex-Präsident Martti Ahtisaari (72) zu einigen.

Umstrittener Mann an der Spitze der Jury

Der Nordeuropäer erhielt das Diplom und die Dotierung von zehn Millionen schwedischen Kronen (980.000 Euro) für seine meist erfolgreiche Arbeit als Makler bei Konflikten und Kriegen auf mehreren Kontinenten. In diesem Jahr sind die Karten ein bisschen neu gemischt, denn mit dem sozialdemokratischen, Ex-Ministerpräsident und -Außenminister Thorbjörn Jagland (58) steht ein neuer Mann an der Spitze der Jury für den vielleicht berühmtesten Preis der Welt.

Jaglands Ernennung passt nicht allen. Umstritten ist weniger seine Parteizugehörigkeit, denn alle fünf Mitglieder werden nach einem Proporz vom norwegischen Parlament ins Nobelkomitee entsandt und haben sich ihre Sporen ausnahmslos als Parteipolitiker verdient. Aber Jagland hat darüber hinaus schon öffentlich für einen Friedensnobelpreis an die EU als "erfolgreichem Friedensprojekt" geworben. Überdies ist er gerade zum neuen Generalsekretär des Europarates gewählt worden. "Eine ziemlich unglückliche Kombination", meint der Jurist und Experte für Befangenheitsprobleme, Eivind Smith.

Jahr für Jahr: Kohl ist nominiert

Jagland selbst sieht kein Problem - dürfte aber in seinem ersten Amtsjahr einiges daran setzen, dass der Preis nicht mit der EU oder europäischen Friedensaktivitäten in Verbindung gesetzt werden kann. Damit rutschen die Aussichten von Altbundeskanzler Helmut Kohl (79) in mikroskopisch kleine Dimensionen. Kohl ist seit der deutschen Wiedervereinigung Jahr um Jahr für seine Verdienste um das friedliche Ende des Kalten Krieges in Europa nominiert worden.

Wobei die Nominierung nichts über die Qualitäten von Kandidaten aussagt. Vorschläge einreichen können bis jeweils 1. Februar eines Jahres ehemalige Nobelpreisträger, Parlamentsabgeordnete aus aller Welt sowie Universitätseinrichtungen. "Die namhaften Staats- und Regierungschefs werden eigentlich immer nominiert", berichtet Nobelinstitutschef Geir Lundestad. So gibt es in Italien Initiativen für Regierungschef Berlusconi, obwohl dieser in den letzten Monaten eher durch Parties mit bezahlten jungen Frauen als durch internationale Friedensinitiativen auf sich aufmerksam gemacht hat.

Berlusoni kein "klassischer" Friedensnobelpreisträger

Berlusconi wäre kaum der "klassische Typ des Friedensnobelpreisträgers", den sich der Osloer Friedensforscher Berg Harpviken im Gespräch mit NTB wünschte. Als Beispiel nannte er die 1955 geborene Kolumbianerin Piedad Córdoba, die beharrlich und erfolgreich für ein Ende des Bürgerkrieges zwischen FARC-Rebellen und der Regierung in ihrem Land gekämpft hat. Oder Sima Samar (52), ab 2002 Ministerin für Frauenfragen in Afghanistan und unermüdliche Verfechterin der Menschenrechte in ihrem Land. Als Kandidat dieser Kategorie, aber wohl doch nur mit Außenseiterchancen gehandelt wird auch der jordanische Prinz Ghazi bin Mohammad (42). Er gilt als direkter Nachkomme des Propheten Mohammed und tritt für einen friedlichen Dialog zwischen Religionen und Kulturen ein.

Quelle: ntv.de, Thomas Borchert, dpa

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