Dossier

Vor der Nahost-Konferenz Wird Bush Friedensstifter?

Selten zuvor ist eine Konferenz von den Medien derart totgesagt worden, bevor sie überhaupt begonnen hat. "Das Annapolis-Fiasko", titelte die US-Zeitung "The Wall Street Journal" noch vor Tagen. US-Präsident George W. Bush und seiner Nahost- Friedensinitiative wehte harsche Kritik entgegen.

Montagmittag in Washington, der Himmel ist grau-verhangen. Als erster geht Israels Ministerpräsident Ehud Olmert ins Weiße Haus. "Ich bin optimistisch und ich weiß, Sie sind auch optimistisch", ermuntert Bush seinen Gast. Noch vor Tagen bemühte sich das Weiße Haus, die Erwartungen zu dämpfen. Jetzt scheint sich der Ton zu wandeln. Mit Blick auf gescheiterte Friedensanläufe in der Vergangenheit meint Olmert vielsagend: "Diesmal ist alles anders." Wortgeklingel vor Konferenzauftakt - oder ist eine Wende in Annapolis möglich?

Große Hoffnung

Die Zuversicht der beiden hat einen Grund: Während bei früheren US-Nahost-Initiativen - etwa Camp David im Jahr 2000 - meist nur die direkten Konfliktparteien zusammen saßen, ist diesmal in Annapolis die ganze arabische Welt versammelt, sogar Syrien ist dabei. Allein dies könnte Bush als Erfolg verbuchen - wenn auch der saudische Außenminister Prinz Saud al-Faisal laut US-Medien verkündete, er wolle sich bei der Konferenz nicht zu Wort melden und keinesfalls die Hand eines Israeli schütteln.

Die Hauptakteure geben sich an diesem Montag im Weißen Haus die Klinke in die Hand, nach Olmert steht Palästinenserpräsident Mahmud Abbas vor der Tür. Er spricht gar von einer "historischen Initiative" Bushs, von "großer Hoffnung". Auch Abbas darf zwei Stunden bleiben - zwei Stunden, um die Hürden wegzuräumen, an denen seit Jahrzehnten alle Friedensinitiativen in Nahost gescheitert sind.

Gemeinsames Dokument

Doch es gibt auch schlechte Vorzeichen. Trotz aller Bemühungen konnten sich Palästinenser und Israelis immer noch nicht auf ein gemeinsames Dokument einigen. Bush müsse wohl noch einige "Seelenmassage" leisten, heißt es in Washington. "Aber beide Seiten arbeiten noch an dem Dokument", meinte die Sprecherin des Weißen Hauses, Dana Perino, optimistisch.

Am weitesten lehnt sich Miri Eisen, Sprecherin der israelischen Regierung, aus dem Fenster. Es werde wieder "bilaterale Verhandlungen" beider Seiten geben. "Sie werden sehr, sehr bald beginnen." Das klingt fast so, als sei ein Deal schon im Kern unter Dach und Fach.

Bemerkenswert auch der Satz des Palästinenser-Chefunterhändlers Saeb Erekat, Olmert und Abbas hätten schon im Vorfeld fern jeder Öffentlichkeit über die entscheidenden Themen gesprochen, an denen bisher jede Friedensinitiative gescheitert war: die Grenzen eines Palästinenserstaates, die Rolle Jerusalems, das Schicksal der Flüchtlinge. Das klingt fast so, als sei der Frieden schon greifbar. Bluff, Zweckoptimismus - oder gibt es tatsächlich Licht im Tunnel?

"Mr. Palästina"

Über ein halbes Jahrhundert hält der Nahost-Konflikt die Welt in Atem, brachte Kriege, Terror, Leid. Mehrfach leuchtete die Hoffnung für eine Lösung auf, immer wieder wurde sie zerstört - allzu häufig entlud sich darauf eine Welle der Gewalt. Kann sich jetzt ausgerechnet Bush, oberster Kriegsherr im Irak, ein Jahr vor seinem politischen Abgang das Denkmal eines Friedensstifters setzen? "Mr. Palästina", nennt ihn schon die Zeitschrift "The Economist".

Die Konferenz ist totgesagt worden, bevor sie begonnen hat. Selbst die Amerikaner hatten zunächst mitgeholfen, die Erwartungen zu dämpfen. Jetzt könnte sich diese "Strategie" als Erfolgsrezept entpuppen. Die vertrackte Stimmungslage fasst am besten die israelische Regierungssprecherin zusammen: "Wir sind hoffnungsvoll, aber nicht optimistisch."

Von Peer Meinert und Laszlo Trankovits, dpa


Quelle: ntv.de

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