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Zwischenruf Berlusconi: Finalmente!

Wie lange kann sich Berlusconi noch im Amt halten?

Wie lange kann sich Berlusconi noch im Amt halten?

(Foto: REUTERS)

Es gibt auch gute Nachrichten aus Italien dieser Tage. Die Massendemonstration gegen Berlusconi vom Sonntag zeigt offenbar Wirkung! Italien steht vor einem Neubeginn.

Finalmente! Endlich! Berlusconi tritt zurück. Oder nun doch nicht? Es ist das übliche Zupfen der Gänseblümchenblätter, das altbekannte Tohuwabohu, das dem längst überfälligen Schritt vorangeht. Ob er morgen bei der Abstimmung über den Staatshaushalt fällt oder sich das Trauerspiel noch ein paar weitere Tage hinzieht: Der Cavaliere ist so oder so am Ende. Man blicke nur auf die Mailänder Börse, deren Kurse ob der frohen Botschaft in die Höhe schnellten. Berlusconi ist das größte Hindernis für eine wirtschaftliche, finanzielle und politische Stabilisierung Italiens.

Eine Regierung mit einer komfortablen Parlamentsmehrheit war mit kaum etwas anderem beschäftigt, als ihren Chef vor dem Gefängnis zu bewahren. Italiens Ansehen in der Welt hat Berlusconi ruiniert wie seit Mussolini nicht mehr, für den der "Demokrat" übrigens große Sympathien hegt. Die Massendemonstrationen, so auch die vom Sonntag, waren Ausdruck einer immer größeren Unzufriedenheit weiter Bevölkerungsteile mit dem Kurs eines Mannes, der ihre Heimat durch einen sittenlosen Lebenswandel lächerlich macht. Kaum bemerkt von der europäischen Öffentlichkeit, war es jedoch der Vertrauensentzug durch Vatikan und Episkopat, der Berlusconi den Rest gab. Italien gegen den Willen der römisch-katholischen Kirche zu regieren, hat noch keiner geschafft. 

Die ökonomischen Grundstrukturen des Landes sind aber intakt, mit Schulden hat Italien lange schon gelebt und könnte nach dem Weggang Berlusconis rasch wieder auf die Beine kommen. Bürokratieabbau steht dabei obenan. Wenn aber, wie von konservativen Wirtschaftswissenschaftlern gefordert, munter privatisiert und der Kündigungsschutz gelockert werden soll, dann stehen dem Apennin weitere schwere Tage und Wochen ins Haus.

Berlusconi und seine Clique haben das Land mit einem Mehltau aus Korruption, Manipulation und Beliebigkeit überzogen. Es wird eine Zeit brauchen, bis bei einer der ältesten Kulturnationen der Welt wieder Ordnung herrscht in den vielen, durch Berlusconische Flachmedien weichgespülten, Köpfen. Es ist den Italienern von Herzen zu wünschen, dass sie Erfolg haben bei dem Neubeginn, der sich ihnen eröffnet. Den anderen Europäern und dem Euro übrigens auch.

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Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 für n-tv das politische Geschehen. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.

Quelle: ntv.de

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