Staatskrise um einen Brühwürfel Big Brother in Großbritannien
19.01.2007, 21:11 UhrVon Hommy Dara
Die Staatskrise in Großbritannien um einen rassistischen Vorgang bei der Sendung "Big Brother" wird zu einem internationalen Politikum. In Indien verbrannten Demonstranten Plakate mit dem Zeichen der Produktionsgesellschaft Endemol. In Malaysia wurden britische Touristen von Indern mit Eiern beworfen. In Indonesien sollen indische Taxi-Fahrer, Briten das Einsteigen nicht erlauben. Der voraussichtlich zukünftige Premierminister Großbritanniens, Gordon Brown, verweilte auch noch zufällig in Indien, wo ihm der Vize-Außenminister des Landes erklärte, Indien prüfe eine "angemessene Antwort". Dem blieb nichts anderes übrig, als den Rassismus generell zu verurteilen.
Was ist passiert? In einem Promi-Spezial der britischen Fassung der Sendung "Big Brother" hat eine Frau, die ähnlich kluge Fragen wie einst Zlatko stellt, die indische Schauspielerin Shilpa Shetty auf das schlimmste beleidigt. Sie bezichtigte sie, "unhygienisch" zu sein und titulierte sie hinterrücks als "bitch" (umgangssprachlich für "Schlampe"). Während eines Streits um einen Brühwürfel (!) eskalierte die Situation vollends. Die 31-jährige Schauspieler-Schönheit wurde von ihrer Rivalin als "erbärmliche Fälschung und Lügnerin" bezeichnet.
Das war am Mittwoch. Seitdem ist die Welt in England nicht mehr die, die sie mal war. Rund Tausend Demonstranten verlangten am Freitag die Absetzung der Sendung. Der amtierende Premierminister Tony Blair wurde vom Parlament aufgefordert, zu der Sache Stellung zu nehmen. Die britischen Blätter – und zwar alle – haben diesen Vorfall auf ihren Titelseiten. Einige Leser fordern in Leserbriefen die Regierung auf, geschlossen zurückzutreten.
Sie haben richtig gelesen. Die Regierung des Vereinigten Königreiches soll wegen eines unappetitlichen Streits um einen Brühwürfel im "Big Brother" Container zurücktreten! Nicht etwa wegen des Irak-Kriegs, den eine Mehrheit der Briten von vornherein ablehnte. Nein, wegen unverschämter Tiraden einer subintelligenten Person gegenüber einer indischen Schauspielerin um ein Lebensmittel, das einen Wert von rund 20 Euro-Cents hat. Man kann nur annehmen, dass die Autoren solcher Leserbriefe unter medikamentösen oder anderen Einflüssen gestanden haben müssen.
Was bitte ist denn "Big Brother"? Die Sendung, die nie von sich behauptete, die Bildung zu fördern, lebt seit ihrer Entstehung von Streit. Wer sich auf das Abenteuer einlässt, kann doch nicht ernsthaft davon ausgehen, wie ein Schmusekätzchen behandelt zu werden. Rassismus ist eine schlimme Sache, die auf keinen Fall runtergespielt werden sollte. Aber dieser skurrile Fall ist eine verantwortungslose Verharmlosung des starken Wortes "Rassismus". Ferner müssen wohl alle einsehen, dass es auch das Phänomen der Nicht-Sympathie gibt. Wer einen bestimmten Einbeinigen nicht leiden kann, ist noch lange kein Hasser von Behinderten.
Quelle: ntv.de