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Zwischenruf CSU mit großen Sorgen

Wenn sich Wahlkämpfe ihrem Ende neigen, werden die Töne der Politiker härter. An der Lautstärke lässt sich abschätzen, wie sehr sich Politiker um das Ergebnis ihrer Partei sorgen. Die CSU hat offensichtlich große Sorgen.

Wie anders ist zu erklären, dass deren Vorsitzender Erwin Huber im n-tv Interview erklärt, ein "richtiger Bayer" wähle seine Partei. Und eine "richtige Bayerin"? Hat er vergessen. Aber das nur in Klammern. In jedem Fall wissen all jene, die ihr Kreuzchen am 28. September nicht bei den Christsozialen machen, dass sie aus Sicht der Regierungspartei keine "richtigen Bayern" sind. Was sind sie dann? Falsche Bayern? Vaterlandslose Gesellen, so wie die SPD zur Zeit der Bismarckschen Sozialistengesetze? Eine unfeine Methode, jemandem seine Identität abzuerkennen, nur weil er vielleicht nicht so abstimmt wie gewünscht. Gleichwohl: Wer die Funktionsweise der CSU, namentlich außerhalb der großen Städte kennt, weiß, dass derlei Unsinn Wirkung zeigt. Man kann schließlich so ziemlich alles sein. Aber kein "richtiger Bayer"? Nun kann es passieren, dass die CSU ihre absolute Mehrheit verliert. Dann wird sie sich einen Koalitionspartner suchen müssen, die FDP vielleicht. Das kann heiter werden, wenn richtige und falsche Bayern in einem Kabinett miteinander auskommen müssen.

Nun ist die CSU bekanntermaßen eine auf Bayern beschränkte Partei, wenngleich es Versuche gab, dies zu ändern. Stichworte: Der Geist von Kreuth 1978 und der Fehlschlag mit der Gründung der DSU als CDU-Konkurrentin in der untergehenden DDR. Was aber, wenn es gut gegangen wäre? Dann wäre Hessens geschäftsführender CDU-Ministerpräsident Roland Koch vielleicht kein richtiger Deutscher. Immerhin hat der jüngst wieder die von der CSU geforderte Wiedereinführung der Pendlerpauschale abgelehnt. In der Bundesregierung säßen dann womöglich richtige und falsche Deutsche an einem Tisch.

Zugleich fordert Huber ein klares Bekenntnis zum Grundgesetz. Wer sich nicht zur Verfassung bekennt, hat im Landtag nichts zu suchen. Jo mei, folgte man dieser Logik bis zum Schluss, müsste die CSU als erste gehen. Die christsoziale Mehrheit votierte im Mai 1949 dagegen. Als sich deren Verabschiedung 1999 zum fünfzigsten Mal jährte, reagierte die CSU auf Forderungen, dem Grundgesetz nun endlich zuzustimmen, mit ... Schweigen.
Wer im Glaskasten sitzt, sollte nicht mit Bierseideln schmeißen. Sonst hat er am Politischen Aschermittwoch einen Riesenhaufen Scherben, den er zusammenkehren muss.

Quelle: ntv.de

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