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Zwischenruf China: Pulverfass Xinjiang

Chinesische Spezialkräfte am Ort des Anschlags.

Chinesische Spezialkräfte am Ort des Anschlags.

(Foto: AP)

Noch ist unklar, ob der Weltkongress der Uiguren hinter den Terroranschlägen vom Wochenende steht. Die Lage bleibt aber angespannt, China und die Uiguren sollten Zurückhaltung üben. Brennt Xinjiang, brennt die Region.

Es muss schon nachdenklich stimmen, wenn die Volksrepublik China und das von ihr als abtrünnige Provinz betrachtete Taiwan in einer innenpolitischen Grundfrage einer Meinung sind: Sowohl Peking als auch Taipeh betrachten den in München ansässigen Weltkongress der Uiguren WUC als separatistische Organisation. Ob der WUC hinter den steht, ist offen. Zumindest trägt der WUC dazu dabei, ein Klima der Spannungen aufrechtzuerhalten. Finanzielle Unterstützung erhält der Kongress durch die halbstaatliche US-Organisation  National Endowment for Democracy, die Anfang der achtziger Jahre auf Initiative des damaligen Präsidenten Ronald Reagan entstand. China macht die in Pakistan ansässige Islamische Bewegung Ostturkestans ETIM verantwortlich. Ostturkestan wird als Synonym für Xinjiang gebraucht, das zu einer guten Hälfte von turksprachigen, muslimischen Uiguren bewohnt wird.

Die Uiguren sind dasgrößte turksprachige Volk in Cinjiang.

Die Uiguren sind dasgrößte turksprachige Volk in Cinjiang.

(Foto: dpa)

Es ist erstaunlich, dass die chinesische Führung mit Pakistan seinen engsten Verbündeten in Südasien offen als Gastland der ETIM rügt. Noch ist unklar, wer hinter den Angriffen steht. Ob die Morde aufgebrachter Uiguren mit Hackmessern in der Stadt Kashgar im Südwesten des Autonomen Gebiets eher in die Richtung spontanen Aufruhrs deuten, wie manch einer meint, ist fraglich. Der Überfall auf eine Polizeistation im Bezirk Hotan im Süden von Xinjiang Mitte vergangenen Monats mit zahlreichen Toten hat in jedem Fall eine ganz offensichtliche Signalwirkung gehabt. Auch die Sprengstoffanschläge in Kashgar vor und nach den Messerangriffen legen eine Verbindung nahe.

Die Lage bleibt angespannt. Die Forderung der Gesellschaft für bedrohte Völker, die Vereinten Nationen einzuschalten, wird ungehört verhallen oder spätestens am Veto Chinas im Sicherheitsrat der Weltorganisation scheitern. Auch scheint der Westen derzeit kaum daran interessiert, das Thema Xinjiang auf die Prioritätenliste zu setzen. Selbst die turksprachigen ehemaligen Sowjetrepubliken in der Nachbarschaft Chinas sind nicht bereit Bestrebungen zu unterstützen, die als Separatismus gedeutet werden können. China wird auf die Gewalt rebellischer Uiguren stets mit größerer Gewalt reagieren. Beide Seiten sollten Zurückhaltung üben. Brennt Xinjiang, brennt die Region.

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Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 für n-tv das politische Geschehen. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.

Quelle: ntv.de

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