Kommentare

Zwischenruf Dead Bank Walking

Der Skandal um die Hypo Group Alpe Adria ist mehr als ein Bankencrash. Er steht für das Ende des Finanzstandortes München und das Aus der CSU als Partei der soliden Finanzen.

Löwenskulpturen vor der Zentrale der BayernLB in München.

Löwenskulpturen vor der Zentrale der BayernLB in München.

(Foto: AP)

Der Flop des in Kärnten ansässigen Kreditinstituts ist ein weiterer Schritt der CSU auf dem Weg nach unten. Die bayerische SPD hat Recht, wenn sie sagt, die CSU wäre bei den Bundestagswahlen nicht auf einmal mehr auf rund 40 Prozent gekommen, wenn die Wähler um den desolaten Zustand der Hypo Group Alpe Adria (HGAA) und ihrer Mutter BayernLB gewusst hätten. Doch Fakt ist: Die Sozialdemokraten haben den Kauf 2007 begrüßt. Das allerdings macht den Vorgang nicht sympathischer. Muss eine bundeslandeigene Bank ins Ausland expandieren? Sie sollte sich besser auf ihren nach innen gerichteten öffentlichen Auftrag beschränken. Dann wären auch nicht die zehn Milliarden Euro Stützungsgelder erforderlich gewesen, zu denen jetzt noch der Verlust von 3,75 Milliarden bei der HGAA hinzukommen.

Schon vor 2007 war die HGAA ins Gerede gekommen: Es gab den Vorwurf der Bilanzfälschung, den Verdacht auf Geldwäsche; die Liechtensteiner HGAA, ein Enkelin der BayernLB sozusagen, geriet in schiefes Licht. Für den verstorbenen kärtnerischen Landeshauptmann und Rechtsaußen Jörg Haider war die HGAA ein beliebtes Instrument zur Finanzierung sozialpopulistischer Prestigeprojekte. Die HGAA ist nicht irgendein kleines Unternehmen. Neben Österreich ist die Bank in Bulgarien, Bosnien-Herzegowina, Deutschland, Italien, Kroatien, Mazedonien, Montenegro, Serbien, Slowenien, der Ukraine und Ungarn tätig. Sie betreut 1,3 Millionen Kunden, ist das sechsgrößte Finanzinstitut der Alpenrepublik und nunmehr deren Eigentum. Größenwahn ist wohl ein zu schwaches Wort, um den Kauf der HGAA durch Bayern zu beschreiben.

Ministerpräsidenten Horst Seehofer trifft keine Schuld an dem Deal. Er war 2007 noch in Berlin. Wenn er aber im Landtag erklärt, er habe das Problem seit einem Jahr lösen wollen, muss er sich die Frage gefallen lassen, was er denn zwölf Monate lang gemacht hat. Wenn die Entlassung von BayernLB-Chef Michael Kemmer die einzige personelle Konsequenz ist, zeigt dies wie schwach seine Position ist. Gegen Ex-Innenminister Günther Beckstein, den früheren Wirtschaftsminister Erwin Huber, den Fraktionschef der Christsozialen, Georg Schmid und Finanzminister Georg Fahrenschon kann er sich nicht durchsetzen. Das wird Seehofer eines Tages auf die Füße fallen.

Die Affäre ist aber mehr als ein regionales Problem, weil die CSU auch Teil der Koalition auf Bundesebene ist. Steuerstreit, Kundus, Wachstumsbeschleunigungsgesetz. Und nun die HGAA. Die Kanzlerin ist wahrlich nicht zu beneiden, auch wenn die Bank mit den toten Krediten jetzt nicht mehr auf deutschen Beinen spaziert.

Bleskin.jpg

Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 für n-tv das politische Geschehen. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen