Zwischenruf Der "New Deal" wartet
06.02.2008, 19:53 UhrWährend die Kurven mit den Stimmen für die Präsidentschaftsbewerber beim Super-Tuesday nach oben gingen, gingen die Kurven der Börsenkurse weltweit nach unten. Der Wechsel an der Spitze der Vereinigten Staaten von Amerika vollzieht sich vor dem bedrohlichen Hintergrund einer Krise der Finanzmärkte und der wachsenden Gefahr einer Rezession in der Realwirtschaft der USA.
Die Ära Bush hinterlässt ein desaströses Erbe. Nicht nur in der Ökonomie. Die Militarisierung der Außenpolitik hat überall ins Abseits geführt. Das Land, das einst die unangefochtene Führungsmacht der westlichen Welt war, ist auf einem Tiefpunkt angelangt.
Hoffnung auf den Wandel
Die beispiellose Mobilisierung sowohl bei den Demokraten als auch bei den Republikanern ist Ausdruck der Hoffnung auf einen Wandel, den alle Anwärter denn auch nicht müde werden zu versprechen. Wandel: Das hieße, weg von Interventionismus und Hegemonialstreben, hin zu einer Außenpolitik des Dialogs, Rückkehr zur Rolle des "primus inter pares". Wandel, das hieße, weg vom millionenfachen "working poor", hin zu einer Arbeitsmarktpolitik, in deren Ergebnis Menschen mit Job nicht überleben, sondern leben können. Ein neuzeitlicher "New Deal" im Innern wie nach außen.
Das Ende der Hemdsärmeligkeit
Doch weder Barack Obama noch Hillary Clinton, schon gar nicht ein John McCain, lassen auch nur ansatzweise die Bereitschaft dazu erkennen. Ändern wird sich zweifellos der Politikstil. Die cowboyeske Hemdsärmeligkeit von George W. Bush wird einer freundlichen Verbindlichkeit weichen. Der Inhalt der Politik wird sich nur in dem Maße ändern, wie die neue Nummer eins in den USA erkennt, dass die Probleme mit den alten Mitteln nicht mehr zu bewältigen sind. Das macht Hoffnung, für die Bürger des Landes wie für das Ausland.
Vor allem Obama und Clinton, aber auch McCain, sind Menschen, die für Einsichten empfänglich scheinen, wenn auch nur unter dem Druck von Ereignissen. Hoffnung macht auch, dass die alte Garde von scharfmacherischen Ohrenbläsern, mit der sich Bush umgeben hat, in Aufsichtsräten und "think tanks" verschwindet.
Wahlen sind Anfang November, das Amt übernimmt der/die Bush-Nachfolger/in erst im Januar. Bis dahin wird im Irak und anderswo weiter Blut fließen, bis dahin wird das Ausmaß der Finanzkrise noch deutlicher sichtbar sein als heute, bis dahin müssen Millionen von US-Bürgern weiter in zwei oder drei Jobs ums Überleben kämpfen. Der/die neue Weiße-Haus-Herr/in sollte sich nicht allzu viel Zeit lassen mit dem Neubeginn.
Quelle: ntv.de