Von Abläufen und Pannen Der Wahltag in Israel
09.02.2009, 16:23 UhrRund 10.000 Wahllokale werden in Israel grundsätzlich um sechs Uhr MEZ, in kleinen Ortschaften erst eine Stunde später für etwa fünf Millionen wahlberechtigte Israelis, darunter etwa 20 Prozent Araber, geöffnet. Geschlossen werden sie um 21 Uhr, in kleinen Orten schon zwei Stunden früher. Wahlprognosen der Umfrageinstitute durften bis Mitternacht am vergangenen Freitag veröffentlicht werden. Die ersten Hochrechnungen mit den Ergebnissen von Parallelwahlen dürfen erst nach Schließung der Wahllokale publiziert werden. Falls es in einigen Lokalen großen Andrang gibt, kann es passieren, dass sich die Wahlzeit verlängert. Im Prinzip sollten die Hochrechnungen erst nach der Schließung des letzten Lokals veröffentlicht werden, aber da gab es schon Pannen.
Unzuverlässige Hochrechungen
Die Erfahrung bei mehreren Wahlen in der Vergangenheit lehrt, dass diese Hochrechnung mit der offiziellen Fehlerquote von 3-4 Prozent extrem unzuverlässig ist. 1996 wurde in aller Welt Schimon Peres zum Wahlsieger gekürt, bis dann am nächsten Morgen, nach Auszählung der meisten Wahlurnen, das "böse Aufwachen" kam. Benjamin Netanjahu hatte Peres geschlagen und gesiegt. Einen ähnlichen Irrtum gab es 2006, als kein einziges Umfrageinstitut und auch die Hochrechnungen nicht den Einzug der Rentnerpartei mit sechs Abgeordneten in die Knesset (120 Sitze) erfasst haben.
Das Ergebnis in der Wahlnacht ist nicht endgültig. Es müssen noch die Stimmen der Soldaten und Seeleute ausgezählt und die verlorenen Stimmen an Parteien, die es nicht über die 2 Prozent-Hürde schaffen, auf die gewählten Parteien verteilt werden.
Beauftragung zur Regierungsbildung
Erst acht Tage später, nach der offiziellen Veröffentlichung der endgültigen Wahlergebnisse, kann der Staatspräsident seine Beratungen mit allen Parteien beginnen. Er muss dann jenen Politiker mit der Regierungsbildung beauftragen, der die beste Chance hat, mit Erfolg eine Koalition zu bilden. Traditionell ist das der Vorsitzende der größten Partei. Doch kann es durchaus passieren, dass der Chef einer kleineren Partei bessere Chancen hat, weil sein "Lager" der rechten oder linken Parteien aus mindestens 61 Abgeordneten besteht. Oder aber, weil sich politisch weder rechts noch links einzuordnende Parteien nach Gutdünken für einen Politiker entscheiden, der ihnen am ehesten ins Konzept passt. Politisch weder rechts noch links sind zum Beispiel orthodoxe Parteien, die in der Vergangenheit schon an Rechts- wie Linksregierungen beteiligt waren und vor allem an einer Finanzierung ihrer Erziehungseinrichtungen interessiert sind.
Zeitungen meldeten, dass Staatspräsident Schimon Peres sich schon bei Rechtsexperten erkundigt habe, wie er im Falle eines Unentschieden zu verfahren habe, wenn also zwei Abgeordnete gleich viele "Empfehlungen" für die Regierungsbildung erhalten.
Der Nahe Osten ist sein Metier. Ulrich W. Sahm berichtet seit Mitte der 70er Jahre aus der Region – immer auf der Suche nach der Geschichte hinter der Nachricht.
Quelle: ntv.de